Ein Beitrag von Hartmut Brückner, Vorsitzender des Bergischen Streuobstwiesenverein e.V.

Obstbäume sind auf Wurzel- oder Stammunterlagen veredelt (gepfropft oder okuliert). Daher entwickeln sie gern einen eigenwilligen Kronentrieb. Selten treiben sie von sich aus allseitig gleichmäßig und flachkegelig nach oben. Es erfordert in der Jungbaumphase immer eine erzieherische Nachhilfe durch Schnitt, Spreizen oder Hochbinden von Mitteltrieb und Ästen.

Unterlassung von Obstbaumerziehung führt zu folgenden Fehlentwicklungen:

  • Durchwachsen des Mitteltriebs. Der Baum wird turmhoch und spindelig.
  • Der Mitteltrieb treibt durch und kippt nach einer Seite ab, überbaut die tieferliegenden Leitäste, die wegen Lichtmangel verkümmern.
  • Der Mitteltrieb gabelt sich ein- oder mehrmals. Das führt zu einer gewaltigen Überbauung. die die Bildung niedrigerer leichter beerntbarer Leitäste aufgrund von Lichtmangel verhindert.
  • Zu viele Leitäste:  drei bis vier reichen aus. Der Baum wird zu dicht, Leitäste werden nicht kräftig genug, und beim Ernten paßt später keine Leiter in den Baum

Mangelnder Erziehungsschnitt 1, © Hartmut Brückner

Mangelnder Erziehungsschnitt 2, © Rolf Meyer

Ziel der Obstbaumerziehung bei Hoch- und Halbstämmen ist es, eine gleichmäßige, statisch ausgewogene, unter 120 bis 140° flachwinklige Krone im Rahmen der etwa 10-jährigen Erziehungszeit heranzubilden. Hierbei gilt die Regel, so früh wie möglich eingreifen und korrigieren, umso einfacher kann das Ergebnis erreicht werden.

 

Die Jungbaumerziehung kann nur erfolgreich sein, wenn der Jungbaum von der Baumschule her folgende Voraussetzungen mitbringt:

  • Gerader Mitteltrieb, der bis 1,5-fach stärker als die Leitäste ist.
  • 3 bis 4 Leitäste , – die radial um den Mitteltrieb gleichmäßig angewachsen sind,
    – die gleiche Durchmesser, gleiche Abgangswinkel und Länge haben,
    – die flache Abgangswinkel (ca.45°) haben und
    – die keinen Schlitzast haben (Qualitätsmangel!).

Einen solchen Obstbaum bei der Baumschule auszusuchen, ist für einen Normalkunden schwierig. Die dafür objektive Beratung seitens der Baumschulen ist nicht immer optimal, meist hat der Kunde bei der Baumschule nur eine begrenzte Auswahl von Bäumen im Verkaufseinschlag vor sich und wird nicht in die Baumschulquartiere gelassen, um sich besser gewachsene Bäume auszusuchen.