Liebe Obst-Interessierte,

Unser aktuelles Obstangebot – seit dieser Woche neben Beerenobst und den ersten Apfelsorten auch die ersten Pflaumen – möchte ich verbinden mit ein paar Sortenempfehlungen (für alle diejenigen, die selbst Obst pflanzen wollen). Den Beginn der Apfelsaison markiert bekanntlich der Klarapfel (mancherorts auch ‘Kornapfel’ genannt, weil zu dieser Zeit auch die Getreidefelder geerntet werden), gleichermaßen bei manchen beliebt und von anderen verachtet (weil wahlweise zu säuerlich oder zu ‘mehlig’). Dabei hängt die geschmackliche Qualität dieser Sorte ganz entscheidend davon ab, dass man ihn im richtigen Moment pflückt (und ein bißchen auch davon, wie die Sommerwitterung verlaufen ist).

Werden die Früchte zu früh gepflückt (wenn sie am Baum noch grün sind und schwer lösen), bleiben sie säuerlich. Pflückt man sie zu spät (wenn die Früchte am Baum schon knallgelb werden), werden sie mürbe bis mehlig. Die richtige Pflücke muss genau dann erfolgen, wenn die Früchte am Baum gerade beginnen, farblich von grün auf gelb umzuschlagen. Dann halten sie auch einige Zeit (ohne sofort mürbe zu werden) und schmecken dann auch nicht nur sauer, sondern können durchaus erfrischen süßsäuerlich aromatisch sein!

(Insofern habe ich unseren Klaräpfeln in meiner letzten E-mail unrecht getan, als ich sie als ‘säuerlich’ titulierte. Im Gegenteil, in diesem Jahr haben sie witterungsbedingt z.T. mehr Süße als in anderen Jahren und ich würde Skeptikern empfehlen, sie zu probieren!).

Wirklich säuerlich ist dagegen der ‘Schöne aus Bath‘, den wir ebenfalls schon geerntet haben (eine alte englische Sorte) und dessen Früchte mit ihrer hübschen roten Färbung beweisen, dass es zwischen roter Farbe und süßem Geschmack (entgegen manchmal landläufig geäußerter Einschätzung) biochemisch oder genetisch keinerlei Zusammenhang gibt (grüngelbe Apfelsorten können genauso gut süß oder sauer seine wie rotschalige Sorten!).

Die Sorte ‘Helios’ (in den 1930er Jahren aus einem Samen des ‘Geheimrat Oldenburg’ gezüchtet und als süßsäuerliche Alternative zum Klarapfel durchaus empfehlenswert auch für den Hausgarten!) alterniert bei uns in diesem Jahr leider, d.h. sie setzt mit dem Ertrag aus, nachdem sie im letzten Jahr voll hing.
Nur Kleinstmengen haben wir von ‘Stark Earliest‘ und ‘Ludivics Rosenapfel‘. Der letztere stammt aus Luxemburg und wurde dort vor einigen Jahren als sog. Zufallssämling in einem Hausgarten gefunden. Die Sorte besticht nicht nur durch ihr gesundes Laub und ihre hervorragende Baumgesundheit, sondern auch durch (im Vergleich zu anderen ganz frühreifenden Sorten) farblich und geschmacklich attraktive, schorffreie und mittelgroße bis große Früchte. Wir haben im letzten Jahr mehrere Büsche davon gepflanzt und können künftig hoffentlich bald mehr davon anbieten. Ludivics Rosenapfel ist für alle Selbstversorger eine durchaus interessante Sorte; Erfahrungen mit Hochstämmen auf der Streuobstwiese liegen bisher nocht nicht vor. Reiser gibt’s in der ‘Deutschen Genbank Obst’ (Dresden-Pillnitz) oder im Winter auf Vorbestellung auch bei uns im Hofladen.

Beginn der Pflaumensaison:
Mit Pflaumen oder Zwetschgen verbinden die Älteren meist vor allem die überall in Deutschland weit verbreitete ‘Hauszwetschge‘, die erst im September reift und die sich hervorragend auch zur Herstellung von Pflaumenmus eignet und der man in manchen Regionen Deutschlands im Stil einer patriotischen Okkupation eigene regionale Namen verpasst hat (“Stromberger Zwetschge”, “Fränkische Zwetschge” usw.).

Dass die Pflaumensaison in unseren Breitengeraden bereits ab Juli beginnt, ist den wenigsten bekannt.

– Die ‘Gute aus Bry‘ z.B. (eine kleine blaue Rundpflaume) reift bereits im Juli und ist in der Vollreife sehr schmackhaft.

– Ebenfalls bereits Mitte/Ende Juli reifend ist die gelbfrüchtige ‘Flotows Mirabelle

– sowie die ‘Rivers Frühe Fruchtbare‘, eine schmackhafte kleine blaue Pflaume, kaum größer als eine Mirabelle. (Beide haben wir bereits in unserer Obsthaltestelle angeboten.)

– Ebenfalls früh reifend (bei uns aber noch nicht im Ertrag) sind die Frühsorten ‘Tragedie‘ (eine rötliche, relativ großfrüchtige Pflaume) und

– ‘Erntepflaume‘ (ein mirabellengroße blaue Rundpflaume, die in vielen Regionen Deutschlands auch wurzelecht zu finden ist und sich über Wurzelausläufer vermehrt).

– Heute im Hofladen haben wir dann auch die größerfrüchtige ‘St. Hubertus‘ im Angebot, die Ende Juli/Anfang August reift und durch gute Erträge und eine hohe Baumgesundheit auffällt. Sie gilt geschmacklich allgemein als etwas schwächer (als z.B. Rivers Frühe Fruchtbare), ist aufgrund des sonnenreichen Sommers in diesem Jahr auch angenehm aromatisch für den Rohgenuss (je weicher die Früchte, desto reifer und desto besser!) und gut für den Pflaumenkuchen zu verwenden (unvergleichlich besser jedenfalls als die großen harten sauren Rundpflaumen, die man derzeit im Supermarkt findet!).

– Dasselbe gilt auch für die Czar-Pflaume (mit ihren ähnlich großen Früchten), die auch jetzt in die Reife geht (bei uns in diesem Jahr allerdings kaum trägt).

– Ebenfalls Anfang August reif ist der Gelbe Spilling mit seinen kleinen länglichen gelben Früchten, eine Pflaumenart mit wüchsigen gesunden Bäumen, die es früher häufiger gab und die in den letzten 50 Jahren ganz aus den Obstlandschaften verschwinden (die Früchte in kleiner Menge bei uns im Hofladen erhältlich).

Sortenempfehlungen Pflaumen: Wer selbst Pflaumen auf der Obstwiese oder im Garten pflanzen möchte, sollte auch berücksichtigen, welche Sorten stärker von der Pflaumenmade befallen sind und welche nicht. Hier gibt es interessanterweise große Sortenunterschiede, was die Beliebtheit bei der Pflaumenmade betrifft!

Während Reneclauden wie die ‘Königin Viktoria‘ oder ‘Emma Leppermann‘ oder auch ‘Oullins Reneclaude‘ häufig von Maden heimgesucht werden, ist bei den ganz frühen Pflaumen die Rivers Frühe Fruchtbare fast durchgängig madenfrei! Auch die Erntepflaume und die St. Hubertus sind eher wenig befallen, während die Czar-Pflaume schon etwas mehr befallen sein kann. Bei den mittelfrühen (Mitte August reifenden) Pflaumen und Zwetschgen ist dann vor allem die Bühler Frühzwetschge zu empfehlen: Deren Baum ist sehr gesund und die Früchte werden nur gering von Maden heimgesucht (und wenn, dann ist das schon bei der Ernte an den deutlich weicheren Früchten zu merken). Die Bäume der Bühler Frühzwetschge kommen in der Jugend zwar etwas später zu tragen, tragen dann aber reich und relativ regelmäßig. Die Früchte schmecken sehr gut und sind im Rohgenuss süß. Beim Kuchenbacken jedoch saften sie sehr stark und sind dann säuerlicher als andere Zwetschgen. Man kann aus ihnen zwar nicht das karamelisierte Pflaumenmus machen, dafür aber schmackhafte Marmeladen.

Späte Sorten wie ‘Wangenheims‘ (Reife Ende August) und ‘Hauszwetschge‘ (Reife Mitte September) können wieder stärker von Maden befallen sein (die Wangenheim stärker als die Hauszwetschge).

Stachelbeeren und rote Johannisbeeren

Bei den Stachelbeeren war für uns in diesem Jahr erstaunlich, dass zwischen der frühesten Sorte (‘Hönings Früheste‘) und den spätesten (‘Rote Triumpfbeere‘, ‘Gelbe Triumphbeere’) immerhin 3 Wochen lagen! Die letzten Stachelbeeren bieten wir heute im Hofladen an (und falls welche übrig bleiben, auch in der Obsthaltestelle).

Die Roten Johannisbeeren gehen jetzt ebenfalls zuende. Wer also noch Marmelade einkochen möchte, sollte sich beeilen!

Herzliche Grüße aus dem Obst-Arboretum
Hans-J. Bannier (+ Simon Avenwedde u. Heidi Teichert)


Obst-Arboretum Olderdissen
Alte Obstsorten – Obstbaumschnitt – Obstsortenbestimmung
Dornberger Str. 197
33619 Bielefeld
Tel.0521-121635
Hofladen: Freitags 12-19 Uhr
Obsthaltestelle: Täglich 8-20 Uhr