Bielefeld, Juli 2023
Liebe Obst-Interessierte,
gut 20 Interessierte konnten sich am letzten Sonntag fast 3 Stunden lang durch unsere Kirschenvielfalt probieren. Einige der Kirschsorten können auch noch am heutigen Freitag bei uns im Hofladen probiert werden (und in den nächsten Tagen in der Obst-Haltestelle). Je nach dem weiteren Witterungsverlauf und der Nachfrage dürfte die Kirschenzeit in 1-2 Wochen wieder zuende sein. Die Beerenobstzeit dagegen beginnt erst. Reichlich haben wir vor allem Rote Johannisbeeren, die schwarzen und weißen Johannisbeeren sowie die Stachelbeeren haben ihre beste Reife erst ab der nächsten Woche.
Die meisten unserer (traditionellen) Kirschsorten sind heute nicht einmal mehr in Baumschulen als Baum zu kaufen (dort gibt es i.d.R. die immer gleichen 5 alten Kirschsorten, allesamt spätreifende Kirschen).
Früh reifende Kirschsorten sind empfehlenswert
Empfehlen würde ich jedoch vor allem frühreifende Sorten (denn alle Sorten, die bis zur 3. Kirschwoche reifen, sind fast immer madenfrei) und vor allem auch die hellfrüchtigen (gelb-roten) Sorten, landläufig auch ‘Glaskirschen’ genannt. Letztere werden auch von Vögeln weitaus weniger heimgesucht als die dunklen Sorten. Zu empfehlen sind hier Maibigarreau, Kunzes Kirsche, Tilgeners Rote Herzkirsche, Lucienkirsche, Weiße Spanische u.a. Dunkle frühreifende Kirschen der 1. und 2. Kirschwoche fallen meist den Vögeln zum Opfer, hier könnte man aber Sorten der 3. Kirschwoche wählen (z.B. Doktorkirsche, Geisenheimer Schwarze Knorpel, Landele u.a.). Reiser dieser Sorten können über das Erhalternetzwerk des Pomologen-Vereins erworben werden (www.obstsortenerhalt.de) oder auch bei uns.
Ein paar Infos rund um’s Thema Kirschen habe ich ganz unten als P.S. an diese E-mail angehängt. (Diejenigen, die unseren Newsletter schon länger beziehen, haben das im letzten Sommer bereits erhalten).
Viele Grüße
Hans-J. Bannier
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Obst-Arboretum Olderdissen
Alte Obstsorten – Obstbaumschnitt – Obstsortenbestimmung
Dornberger Str. 197
33619 Bielefeld
Tel.0521-121635
Hofladen: Freitags 12-19 Uhr
Obsthaltestelle: Täglich 8-20 Uhr
P.S. Hier noch ein paar Informationen zum Thema:
Süßkirschen im biologischen Anbau und ihrer Vermarktung:
Für Obstbetriebe und insbesondere Bio-Obstbetriebe ist die Vermarktung von Süßkirschen bis heute immer noch eine der schwierigsten Herausforderungen. Neben relativ hohen Erntekosten steht das Risiko von Ernteausfällen, wenn es in der Zeit der Fruchtreife regnet und die Früchte platzen. Ein einziger Starkregen in der Erntezeit kann schon mal die ganze Ernte zunichte machen.
Gegen die Maden der Kirschfruchtfliege werden im konventionellen Obstbau Insektizide gespritzt – besonders problematisch, weil dies bis relativ zeitnah vor der Ernte geschieht. Effektive Strategien für eine biologische Bekämpfung der Kirschfruchtfliege sind im Freiland für den Bio-Anbau bis heute nur ansatzweise entwickelt.
Zu allem kann – je nach Standort und bei kleineren Kirschbeständen – auch Vogelfraß die Ernte stark beeinträchtigen.
Große Erwerbsobstbetriebe in Deutschland – sowohl biologische als auch konventionelle – sind daher inzwischen dazu übergegangen, ihre kompletten Kirschanlagen “einzuhausen”, ein Zutritt bzw. eine Zufahrt in diese riesigen (Plastik-) Gewächshäuser ist nur durch eine Schleuse möglich (um keine Kirschfruchtfliegen ‘einzuschleusen’). Hin und wieder zerfetzen dann noch Sturm oder schwerer Hagel die Plastikfolien und machen Neuaufbauten erforderlich. Aber ganz im Ernst: Ist es das, was wir uns für unsere landwirtschaftliche Kulturlandschaft wünschen?
Eine Alternative wären da noch die frühreifenden Kirschsorten (bis zur 3. Kirschwoche), die in der Regel noch nicht von den Maden der Kirschfruchtfliege betroffen sind. Aber genau die hat der Erwerbsobstbau seit der Etablierung der Supermärkte und der Internationalisierung des Fruchthandels in den 1960er Jahren fallen lassen müssen, weil diese frühen sog. ‘Herzkirschen’ etwas weichere Früchte haben als die spätreifenden festeren ‘Knorpelkirschen’ und weil der Handel lieber (gespritzte) spätreifende Knorpelkirschen aus südlichen Ländern importiert, die dort bereits ein paar Wochen früher reif sind. So sind die heimischen Frühsorten allmählich ganz aus dem Anbau verschwunden und sind nur in alten Streuobstbeständen noch hier und da zu finden.
Hier im Obst-Arboretum haben wir rund 50 historische Kirschsorten auf jeweils einzelnen Büschen veredelt. Die Frühsorten darunter sind von Natur aus madenfrei. Dennoch müssen wir die Büsche einzeln einnetzen, weil ansonsten die Vögel die Ernte (zum Teil bis zu 100%) dezimieren würden, und dann zur Ernte wieder einzeln ausnetzen. Das ist aufwändig und der Kirschverkauf daher letztlich kaum kostendeckend. Aber es ist auch in diesem Jahr unsere einzige Möglichkeit, wenigstens in kleinem Umfang unbehandelte Kirschen für den Hofverkauf anbieten zu können.
All denjenigen, die vorhaben, selbst Kirschbäume im Garten oder auf der Obstwiese zu pflanzen, empfehle ich den noch einmal als Anhang beigefügten Artikel. Viele der darin empfohlenen Kirschsorten sind in Baumschulen leider kaum erhältlich; es können bei uns aber im Winter Edelreiser zum Selbstveredeln (oder Weitergabe an eine Obstbaumschule) bezogen werden.