Ein altes Heilmittel für Baumwunden: Lehm

Auszug aus einem Beitrag von Hans-Joachim Bannier

Große Schnittwunden, durch Frostrisse aufgeplatzte Rinde, von Schafen oder Feldhasen angefressene oder geschälte Stämme – immer wieder stellt sich bei Wunden an Obstbäumen die Frage, ob sie durch ein Wundverschlussmittel geschützt werden sollten.

Wundverschlussmittel auf Kunststoffbasis befriedigen nicht

Die heutigen auf dem Markt erhältlichen Wundverschlussmittel bestehen meist aus schnell trocknenden Kunststoffen. Auf die Wunden aufgetragen sollen diese den Verlust von Feuchtigkeit verhindern und gleichzeitig das Eindringen von Pilzen in die Wunden verhindern.
Der aufgetragene Anstrich reißt allerdings oft schon nach wenigen Monaten wieder auf – mit einem fatalen Effekt: Durch die Risse dringt Feuchtigkeit ein, und da es unter dem Anstrich bei Sonneneinstrahlung besonders warm wird, gedeihen Schadpilze jetzt besonders gut. Viele Fachleute empfehlen daher inzwischen, Baumwunden gar nicht zu behandeln

Auch Mittel auf Harz- oder Wachsbasis befriedigen in der Praxis nicht. Zum einen sind sie oft nicht kalt verstreichbar, zum anderen fangen sie unter starker Sonneneinstrahlung bzw. Erwärmung im Sommer auch schon mal an zu verlaufen und können in einer Art Brennglaseffekt die Rinde schädigen. Im Erwerbsobstbau wiederum werden Mittel verwendet, die Kupfer oder chemische Fungizide enthalten, was im privaten Garten nicht immer gewünscht ist. Frisch verletzte Straßenbäume (nach Auto-Kollisionen) werden heute immer häufiger einfach nur mit einer Plastikfolie umwickelt. Dieses Verfahren ist jedoch nur dann effektiv, wenn der Anfahrschaden noch ganz frisch und die Kambiumschicht des Baumes (die Schicht zwischen Rinde und Holz) noch nicht ausgetrocknet ist.

Die natürliche Alternative bei Baumwunden: nasser Lehm

Ganz in Vergessenheit geraten ist dagegen die Wirkung eines Mittels, das sich jeder Gartenbesitzer selbst herstellen kann: Eine dick aufgetragene Schicht nassen Lehms – gehalten von einer Bandage aus Jute oder Stoff – fördert die Heilung von Baumwunden aller Art unvergleichlich besser.
Bei älteren Wunden schneidet man dazu die Wundränder neu an, um die Bildung von Wundkallus anzuregen.
Optimal für solche Behandlungen ist reiner Lehm. In alten Büchern findet man auch schon mal Hinweise auf weitere ‚Zutaten’ wie z.B. Kuhfladen (vom Verfasser bisher noch nicht getestet). Hat man keinen reinen Lehm zur Hand, tut’s im Notfall aber auch mal die mit etwas Wasser angerührte Erde eines Maulwurfhaufens. Sandige Erde oder nicht vollständig verrottete Komposterde dagegen sollte man nicht verwenden.

Foto: Hans-Joachim Bannier

Probe aufs Exempel: An weinem jungen Ahorn wird Rinde entnommen…und ein Teil der offenen Wunden mit Lehm verstrichen.

 

Foto: Hans Joachim Bannier

Die Wunde oben rechts bleibt offen.

 

Foto Hans-Joachim Bannier

Neue Rindenbildung auf den eingelehmten Flächen noch im selben Jahr, auf der offen gebliebenen Fläche nicht.

 

Foto: Hans-Joachim Bannier

Dieselben Baumwunden drei Jahre später. Vollständige Verheilung auf den eingelehmten Flächen, unvollständige Überwallung auf dem nicht eingelehmten Areal.

Folgen von Tierverbiss

Selbst wenn Schafe im Sommer über Nacht die Rinde eines Baumes komplett geschält haben, muss dieser noch nicht verloren sein: Ist der Schaden noch frisch, befindet sich i.d.R. noch Kambium auf dem Holz – jene glasig aussehende feine Schicht, deren Zellen sich sowohl zu Rinde als auch zu Holz umbilden können. Packt man einen solchen entrindeten Baum unverzüglich mit einer dicken Lehmschicht ein, kann die noch feuchte Kambiumschicht eine völlig neue Rinde ausbilden. Entscheidend ist dabei, schnell zu reagieren!

Foto: Hans-Joachim Bannier

Ein von Schafen geschälter Obstbaum…

 

Foto: Hans-Joachim Bannier

…wird eingelehmt und mit einer Bandage versehen

 

Foto: Hans-Joachim Bannier

Es hat sich neue Rinde gebildet.