In dem folgenden Artikel stellen wir den Erziehungsschnitt von Oeschberg-Kronen vor. Hochstämme auf stark wachsenden und Halbstämme auf mittelstark wachsenden Unterlagen können wir nach dieser Methode formieren.

1. Ziel des Erziehungsschnittes

Das eigentliche Ziel des Erziehungsschnittes ist die Formierung einer möglichst hohen, breiten und stabilen Baumkrone innerhalb kurzer Zeit.

Förderung des Dickenwachstums
Durch jährliches Anschneiden der Stammverlängerung, der Leit- und der sich bildenden Seitenäste werden diese „Stützen“ der Baumkrone im Dickenwachstum gestärkt, so dass sie später im Ertragsalter die Fruchtlast auch tragen können.

Förderung des Höhenwachstums
Durch den jährlichen kräftigen Rückschnitt wird ein starkes Holzwachstum im oberen Teil der Krone erreicht. Der Höhenzuwachs eines vitalen Apfelbaums auf Sämlingsunterlage kann jährlich mehr als einen Meter betragen.

Förderung des Breitenwachstums
Durch die optimal schräge Wuchsrichtung der Leitäste (45 Grad) und die nach außen abgehenden Seitenäste (an den Leitästen) erreichen wir ein gutes Breitenwachstum der Krone.

2. Die Kronenform 

Die Form der Oeschberg-Krone ist klar strukturiert: Der Obstbaum hat einen Mitteltrieb (Stammverlängerung) und vier bis fünf Leitäste, die optimalerweise in einem Winkel von 45 ° wachsen. Aus den Leitästen und dem Mitteltrieb entspringen die Seitenäste, die das Fruchtholz tragen. Diese grundlegende Kronenform gilt es beim Erziehungsschnitt aufzubauen. 

 

Das Bild eines fünfjährigen Kirschbaumes zeigt die Kronenform nach dem Erziehungsschnitt

Erziehungsschnitt nach der Öschberg-Palmer-Methode: vom Mitteltrieb und den 4 Leitästen gehen längere Seitenäste ab. Foto: Bieri 1949

3. Was wird bei der Kronenerziehung geschnitten?

Geschnitten werden jeweils 1/3 bis 2/3 des jährlichen Zuwachses und zwar an

  • der Spitze des Mitteltriebes,
  • den Spitzen der Leitäste
  • und den Spitzen der Leitast-Seitenäste. 

 

  • 1 = Mitteltrieb (Stammverlängerung): jährliches Einkürzen.
  • 2 = Leitäste: jährliches Einkürzen.
  • 3 = Seitenäste der Leitäste: jährliches Einkürzen.
  • 4 = Seitenäste der Stammverlängerung: flach halten durch Herunterbinden oder ableiten auf Fruchtholz. Dadurch Wachstumsberuhigung. Nur steile Äste werden weggeschnitten.
  • 5 = kurzes und langes Fruchtholz: nicht anschneiden.

4. Wie wird geschnitten?

Leitäste- und Leitast-Seitenäste werden normalerweise auf eine Außenknospe angeschnitten. Danach werden alle nach oben (innen) und stark seitwärts weisenden Knospen ausgebrochen. Die ganze Wuchskraft soll in die nach außen gerichteten Knospen gelenkt werden (wie schon beim Pflanzschnitt).

Die Seitenäste der Stammverlängerung sollen wie bei einer schlanken Spindel, flach bleiben. Würden wir sie steiler wachsen lassen, dann würden sie mit der Zeit zur Konkurrenz für die Leitäste werden. 

Erziehung der Stammverlängerung zu einer schlanken Spindel

 

Merke: Beim Erziehungsschnitt schneiden wir das Fruchtholz möglichst nicht an.

Entfernt werden außerdem, wenn vorhanden

  • Konkurrenztriebe
  • steil nach oben/innen weisende Triebe. 

Steiler Leitast (jährlich ansschneiden), garniert mit dickeren Seitenästen (jährlich anschneiden) und – davon abgehend – dünneren Fruchtästen (nicht anschneiden) Foto: Bieri 1949

4. Wann wird der Erziehungsschnitt durchgeführt?

In der Erziehungsphase des Baumes regelmäßig im Winter , um die Kronenform aufzubauen und die Gerüstäste (Leitäste/Seitenäste) zu verdicken. Ein frühzeitiges Fruchten sollte durch Entfernung der Blüten verhindert werden.

Abgeschlossen sein sollte der Erziehungsschnitt, wenn das Kronengerüst stabil genug ist, um in der Ertragsphase das Fruchtgewicht tragen zu können:

  • bei einem Baum auf stark wachsender Sämlingsunterlage nach 10-15 Jahren,
  • bei einem Baum auf mittelstark wachsender Unterlage nach 5-7 Jahren.

Erziehungsschnitt = jährlicher Winterschnitt = Förderung des Holzwachstums und Stabilisierung des Kronengerüstes.