von Hans Joachim Bannier:

Frühere Ernten durch Klimaerwärmung

Seit 1990 beobachten wir eine durchschnittliche Verfrühung der Obstblüte um circa 2 Wochen gegenüber der zuvor als “normal” angesehenen Blütezeit unserer Obstsorten, desgleichen auch eine Verfrühung der Ernte-Termine (je nach Sorte) um rund 1-3 Wochen. Inzwischen ist in Bielefeld der Termin der Apfelblüte “normalerweise” schon in den letzten 10 Tagen des April, während in den Jahrzehnten vor 1990 die durchschnittliche Apfelblüte grundsätzlich erst im Mai erfolgte.

Mag man einen besonders heißen Sommer oder das Auftreten heftiger Stürme auch noch für eine mehr oder weniger zufällige Wetterschwankung betrachten, so ist das jahreszeitliche “Nach-vorne-Rücken” der Obstblüte und der Obsternte im Zeitraum der letzten 30 Jahre ein zuverlässiger Gradmesser für die klimatische Verschiebung, die auch in Mitteleuropa still und leise vonstatten geht.

Dass man beispielsweise einen “Boskoop” vor Mitte Oktober erntet, war in meiner Kindheit undenkbar, und auch in den obstbaulichen Büchern früherer Zeiten ist die Boskoop-Ernte frühestens Mitte Oktober beschrieben. Ähnlich ist es mit vielen anderen Sorten, die wir – in den letzten Jahren immer häufiger – mindestens 2 Wochen vor der üblichen Zeit der Pflückreife ernten müssen.

Häufige Trockenperioden

Auch das Auftreten von 7 Jahren mit extrem langer Trockenheit im Frühjahr und Sommer seit 2003 (2003, 2006, 2015, 2016, 2018, 2019 und auch jetzt im beginnenden Frühjahr 2020) kann man nun keineswegs mehr als zufällige Schwankung betrachten. Fünf dieser 6 Jahre mit (zu) trockenem Frühjahr und Sommer hatten wir seit 2015! In die gleiche Zeit fallen auch die immer häufiger zu beobachtenden Sonnenbrandschäden auf Äpfeln, hier in Bielefeld das erste Mal 2006 aufgetreten sind.

Gleich zwei zu trockene Jahre hintereinander, bei denen sich die Böden auch im Winter dazwischen nicht ausreichend mit Wasser füllen konnten, sind dann auch für jeden Wald und jede Obstwiese zu viel. Wer einmal mit dem PKW auf der A44 richtung Kassel unterwegs war und bei Warburg einen Kilometer lang durch tote Wälder fuhr, mag erahnen, was unseren Wäldern momentan bevorsteht. An den Hängen der Werra (und anderswo) sterben auch reihenweise Buchen ab, und südwestlich von Paderborn sah ich kürzlich einen kompletten vertrockneten Eichenwald (rings herum Ackerland). In Brandenburg und Sachsen-Anhalt vertrocknen bereits ganze Obstwiesen.  

Wir müssen versuchen, den Klimawandel aufzuhalten

Dabei sind sich alle Beteiligten im Obstbau bewusst, dass man die Ursachen der gegenwärtigen Witterungs-Entwicklung nicht wirklich obstbaulich lösen kann. Und wenn einige Obstbauern ihre Obstanlagen inzwischen komplett in Plastik-Gewächshäuser einhausen und bewässern, ist das schließlich auch nicht die Landschaft, die wir uns für die Zukunft wünschen!

Von daher kann man über die gegenwärtig (endlich) angestoßene “Klimastreik”-Bewegung grundsätzlich nur froh sein – man kann ihr nur den nötigen langen Atem wünschen (und auch hoffen, dass sie das Problem in allen Facetten betrachten wird…).