Bielefeld, Februar 2018
Allergiker zählen wegen unserer traditionellen Apfelsorten zu unseren Stammgästen. Und da auch das ZDF-Team die Allergie-Frage in den Mittelpunkt gestellt hat, möchten wir in unseren Sortenportraits heute einige Winteräpfel vorstellen, die für Allergiker geeignet sind.
Zuvor aber wollen wir noch auf einige ergänzende Informationsquellen für Allergiker hinweisen, die der Bund-Umwelt-und-Naturschutz (BUND) in Lemgo zu dem Thema Apfelallergie im Internet bereitstellt:
Die dort veröffentlichte Liste von Apfelsorten, die von Allergikern als ‘verträglich’ oder ‘nicht verträglich’ bewertet worden waren, haben wir dieser E-mail als Anhang beigefügt. Von unserer Seite ist zu ergänzen, dass in der Liste längst nicht alle alten Sorten aufgelistet sind, sondern nur diejenigen, die den Allergikern beim Konsum ihrer Früchte auch namentlich bekannt waren.
Aus unserer eigenen Erfahrung beim Apfelverkauf im Hofladen wissen wir, dass mindestens zwei Drittel der sog. ‘alten’ Sorten von Allergikern vertragen werden. Also auch viele weitere Sorten, die in der beigefügten Liste (noch) nicht genannt wurden.
Allergiker sollten allerdings berücksichtigen, dass die beklagten Symptome (Kribbeln, Schleimhautreizungen, Schwellungen u.a.) bei jedem Allergiker unterschiedlich stark ausfallen. Manche Allergiker berichten auch davon, dass bestimmte Sorten in den ersten Wochen nach der Ernte gut vertragen werden und nach längerer Lagerung dann doch leichte Symptome auslösen können. Dies muss jede(r) mit der gebotenen Vorsicht für sich in Erfahrung bringen.
Viele dieser Sorten sind Frühherbst- oder Herbstsorten, die jetzt im Februar schon längst “durch” sind. Aber es gibt auch einige typische Wintersorten, die für Allergiker verträglich sind und bis Februar, März oder länger genießbar sind. Einige davon wollen wir hier in unserer vor 2 Jahren begonnenen Reihe der Sortenportraits vorstellen.
Hier also unsere Sortenportraits allergie-verträglicher Wintersorten:

Finkenwerder Prinzenapfel

Diese Sorte, die wir im letzten Jahr schon einmal vorgestellt hatten, gehört zu den Klassikern Allergiker-verträglicher Apfelsorten. Und vor allem auch zu den best-schmeckendsten, deren Bäume sehr vital sind (auch ohne chemischen Pflanzenschutz) und obendrein regelmäßig tragen! Dazu sind die Früchte auch noch bis Januar haltbar (bei Kühllagerung auch noch länger). Und sie schmecken selbst dann noch gut (und nicht ‘mehlig’), wenn die Fruchtschale äußerlich schon etwas zu welken beginnt.

Umso tragischer, dass diese Sorte auch aus dem Bio-Anbau des Alten Landes (wo die Sorte ursprünglich herstammt) allmählich verschwindet, weil die Früchte – wenn sie anonym im Bioladen oder Supermarkt liegen – den meisten Kunden nicht bekannt sind und auch optisch nicht so attraktiv farbig aussehen wie andere Sorten (und in den wenigsten Läden darf man Früchte vor dem Kauf probieren!).

Bei uns ist der Finkenwerder inzwischen fast ausverkauft; wir haben nur noch einen Rest an ‘B-Sortierung’ (von den Bäumen an der Furtwänglerstraße, die dort nah am Waldrand stehen und deren Äpfel durch den regenreichen Herbst stark von den sog. ‘Regenflecken’ betroffen waren). Weitere Informationen

Altländer Pfannkuchenapfel

Der Name ist Programm – ein Apfel zum Kuchenapfel, für Pfannkuchen, zum Dörren oder sonstige Verarbeitungszwecke. Im Alten Land bei Hamburg entstanden und dort einst beliebt, weil die Früchte bis weit in den Winter halten. Bei der Verarbeitung bleiben die Früchte fest, d.h. sie zerfallen bzw. “musen” nicht (wie z.B. der bekanntere ‘Boskoop’). Man kann die Äpfel natürlich auch für den Frischverzehr nehmen, darf aber nicht das starke Aroma eines ‘Finkenwerder Prinzen’ erwarten! Weitere Informationen

Der Baum wächst in der Jugend sehr steil, später kippen die Äste unter der Fruchlast jedoch stark ab und ältere Bäume haben dann meist eine breite, außen stark überhängende Krone. Bei uns hat der ‘Altländer Pfannkuchenapfel’ im Herbst nur wenig getragen; unser Vorrat wird in den nächsten Wochen ausverkauft sein.

Im Folgenden stellen wir mehrere “Graue Renetten” vor, die im letzten Jahr trotz der widrigen Witterungsumstände Früchte getragen haben und die allesamt Allergiker-verträglich sind:

Schöner aus Boskoop / Roter Boskoop

Eine der wenigen ‘alten’ Sorten, die es heute manchmal auch noch in den Supermarkt schaffen – deshalb in Deutschland noch den meisten Menschen bekannt. Und im Supermarkt zumeist die einzige Sorte, die die nötige Säure mitbringt, die Äpfel brauchen, wenn sie zum Kuchenbacken genommen werden.

Dass der ‘Boskoop’ auch ein aromatischer und süßer (bzw. süßsäuerlicher) Tafelapfel wird, wenn er nur lange genug liegt, ist meist nur denen bekannt, die selbst einen Boskoop-Baum im Garten stehen haben und die Früchte über den Winter eingelagert haben. Denn seine Süße und sein Aroma entwickelt der Boskoop erst nach längerer Lagerung. Am besten schmecken die Früchte meist dann, wenn die Früchte äußerlich schon etwas zu runzeln bzw. zu welken beginnen. Tragischerweise lassen die meisten Kunden im Laden den ‘Boskoop’ dann liegen, weil er ihnen nicht mehr fest und knackig genug aussieht. So kommt es, dass der Boskoop zu Unrecht von manchen nur als saurer, nicht besonders schmeckender Apfel angesehen wird.

Als wir 2015 und 2016 große Mengen ‘Boskoop’ geerntet und eingelagert hatten und im Dezember den Naturkostläden anboten, bekamen wir von einem Bioladen eine Abfuhr (“unsere Kunden wollen den Boskoop hart und knackig”). So sorgt leider Unwissen dafür, dass die Sorte im Obsthandel nur ein Randdasein führen wird.

Wer den ‘Boskoop’ daheim im Garten pflanzen will, muss allerdings wissen, dass die Baum einige Jahre braucht, bis er mit dem Ertrag beginnt! Beim klassischen Hochstamm (auf starkwüchsigen Apfelwurzeln veredelt) dauert es 8-9 Jahre bis zum Ertragsbeginn, bei kleineren Baumformen (je nachdem, auf welcher Wurzelunterlage er veredelt wurde) 3-6 Jahre ab Pflanzung, bis sie erste Früchte tragen. Und auch dann ‘alterniert’ der Boskoop gerne, d.h. blüht und trägt nur alle 2 Jahre. Davon abgesehen, bildet die Sorte aber schöne Kronen und ist relativ robust gegenüber den wichtigsten Krankheiten des Obstbaus.

In diesem Jahr war unsere Boskoop-Ernte relativ klein; im Verkauf sind wir jetzt schon bei den letzten Kisten, die höchstens noch bis Ende Februar. Weitere Informationen

Damason Renette / Graue Französische Renette

Die Früchte dieser uralten, vor Jahrhunderten wohl in Frankreich entstandenen und später auch nach Deutschland verbreiteten Sorte sind meist deutlich kleiner als der ‘Boskoop’ und oft rundum grau, nur selten mit rötlicher Backe. Und zur Erntezeit im Oktober meist einfach nur sauer.

Sozusagen die “graue Maus” unter den Apfelsorten, die man früher bewusst auch an Straßen und Wegen pflanzte, weil die Früchte weniger zum Diebstahl einluden als andere Sorten. Die Früchte seien “nicht angrifflich”, lobte man sie deshalb in einer alten Obstbauzeitschrift.

In dem schwierigen Obstjahr 2017 erwies sich die wahre Qualität dieser “grauen Maus”: Trotz der hohen Niederschläge im Spätsommer und Herbst waren die Früchte absolut schorffrei – und auch kaum betroffen von den sog. ‘Regenflecken’ (die bei anderen Sorten das Äußere der Frucht z.T. deutlich beeinträchtigt haben). Und nach 3 Monaten Lagerung schmecken sie zwar noch immer vorwiegend säuerlich, jedoch durchaus leicht aromatisch und keineswegs fade. Seit Januar haben wir die Sorte nun im Verkauf und sind jetzt bei der letzten Kiste. Weitere Informationen

Zabergäu Renette

Von dieser großfrüchtigen, ebenfalls “grauen” Renette haben wir leider nur einen einzigen Busch, dessen Früchte (ca. 2 Kisten) wir demnächst in den Verkauf nehmen. Die Früchte halten bis zum März und sind ebenfalls frei von Schorf und Regenflecken. Sie sehen dem ‘Boskoop’ ähnlich, allerdings etwas bronzefarbener als jener. Das Fruchtfleisch ist nicht sehr saftig, aber markig, würzig und etwas süßer als ‘Boskoop’. Weitere Informationen

Die Sorte gehört zu den ‘Top-30’-Apfelsorten, die ohne jeden Einsatz von Pflanzenschutzmaßnahmen schöne Früchte liefern. Der Baum ist sehr ertragreich, trägt regelmäßig (nicht ‘alternierend’) und ist robust, resistent gegen Schorf und Mehltau. Lediglich auf staunassen, stark lehmigen Böden kann etwas Obstbaumkrebs auftreten.

Sie stammt aus dem Zabergäu, einer baden-württembergischen Region südwestlich von Heilbronn, ist inzwischen im Streuobst aber in ganz Deutschland vorkommend.

Reinette de France

Leider haben wir nur zwei Büsche dieser weitgehend unbekannten alten Sorte und deshalb immer nur kleine Mengen im Angebot. Denn die Früchte, die zu den ‘grauen Renetten’ zu zählen sind, sind über all die Jahre weitgehend frei von Schorfflecken gewesen, halten bis in den März und haben ein etwas rauhes, aber zugleich feines Aroma. In diesem Jahr allerdings waren sie den Niederschlägen des Herbstes nicht gewachsen und haben sie auch leicht Apfelschorf bekommen. Wie alle ‘grauen’ Renetten sind sie für Allergiker gut geeignet.

Der Baum blüht im Frühjahr sehr spät, ist daher seltener als andere Sorten von Blütenfrost getroffen. Er wächst sehr gesund und hat eine Besonderheit: Die Blätter bekommen zwar regelmäßig stark Mehltau; dieser beeinträchtigt jedoch (im Gegensatz zu manch anderer mehltauanfälligen Sorte) nicht im geringsten die Assimilation der Blätter, obwohl die Blattunterseiten ganz grau erscheinen. Die Früchte können daher zu ganz normaler Größe heranwachsen. Eine besondere Form der Mehltau-Toleranz! Empfehlenswert für Hausgarten und Streuobstwiese! (Die 2 Kisten, die wir von dieser Sorte geerntet haben, bieten wir demnächst im Hofladen an.)

Strauwalds Parmäne

Zu den “Gutschmeckern” gehört diese ebenfalls noch zu den ‘grauen Renetten’ zählende Sorte, die Ende des 19. Jahrhunderts in Oberschlesien aus einer Kreuzung von ‘Goldparmäne’ x ‘Parkers Pepping’ entstanden ist, gezüchtet von dem Obergärtner Stanjek am Gut Hauenschildt und verbreitet von der Baumschule Strauwald. Die weitgehend schorffreien und etwas freundlicher grau-rötlich gefärbten Früchte sind meist relativ klein und halten bis März/April.

Der Baum ist mittelstark wachsend, in der Jugend steil, später unter der Fruchtlast trauerweidenartig hänged. Er ist robust gegen die wichtigsten Krankheiten des Obstbaus und trägt relativ gut, allerdings alternierend zwischen guten und geringen Ertragsjahren. Für den Hausgarten – und für Allergiker – in jedem Fall eine Empfehlung!

Leider haben wir auch von dieser Sorte nur einen Baum, dessen Früchte wir spätestens im März auch in unserem Hofladen anbieten. Weitere Informationen

Last, but not least:

Winterglockenapfel

In der Liste der Winteräpfel für Allergiker darf auch der Winterglockenapfel nicht fehlen, der seinen Namen aufgrund seiner glockenförmigen Fruchtform erhielt. Die rein gelben Früchte schmecken erfrischend zitronig, aber haben – wenn sie reif sind – auch Aroma und eine gewisse Süße (“wie eine gesüsste Zitrone”). Sie lassen sich deutlich länger lagern als die vorgenannten Sorten, ohne große Lagerverluste oft bis zum Mai oder Juni.

Der Baum des Glockenapfels bildet etwas größere Kronen, die erst sehr steil wachsen und mit dem einsetzenden Ertrag dann beginnen, nach außen abzuhängen. Die Sorte wächst sehr gesund und ist daher für Obstwiese und Garten empfehlenswert. Der Baum muss allerdings an einem gut durchlüfteten Standort stehen; in eingeschlossenen Lagen oder Waldrandlagen (oder im Garten z.B. neben der Fichtenhecke) bekommen die Früchte Schorfflecken (was ihre lange Lagerbarkeit beeinträchtigt).

Den Glockenapfel werden wir frühestens ab März in unserem Hofladen anbieten.

Wer als Allergiker(in) einschlägige Erfahrungen mit bestimmten traditionellen (oder auch ‘modernen’) Apfelsorten gemacht hat, melde diese unbedingt auch an den BUND Lemgo, damit die dort veröffentlichte Sortenliste mit weiteren Erfahrungen von Allergikern ergänzt wird!

Herzliche Wintergrüße
Hans-J. Bannier


Hans-Joachim Bannier / Simon Jauernig
Obst-Arboretum Olderdissen
Dornberger Str. 197
33619 Bielefeld
Tel.0521-121635