Aufzucht, Schädlingsabwehr, Ernte und Vermarktung von Kirschen sind schwierig

Von Hans Joachim Bannier:

Für Obstbetriebe und insbesondere Bio-Obstbetriebe ist die Vermarktung von Süßkirschen bis heute immer noch eine der schwierigsten Herausforderungen. Neben relativ hohen Erntekosten steht das Risiko von Ernteausfällen, wenn es in der Zeit der Fruchtreife regnet und die Früchte platzen. Ein einziger Starkregen in der Erntezeit kann schon mal die ganze Ernte zunichte machen.

Kirschfruchtfliege und Vogelfraß

Gegen die Maden der Kirschfruchtfliege werden im konventionellen Obstbau Insektizide gespritzt – besonders problematisch, weil dies bis relativ zeitnah vor der Ernte geschieht. Effektive Strategien für eine biologische Bekämpfung der Kirschfruchtfliege sind im Freiland für den Bio-Anbau bis heute nur ansatzweise entwickelt.

Zu allem kann – je nach Standort und bei kleineren Kirschbeständen – auch Vogelfraß die Ernte stark beeinträchtigen.

Große Erwerbsobstbetriebe in Deutschland – sowohl biologische als auch konventionelle – sind daher inzwischen dazu übergegangen, ihre kompletten Kirschanlagen “einzuhausen”, ein Zutritt bzw. eine Zufahrt in diese riesigen (Plastik-) Gewächshäuser ist nur durch eine Schleuse möglich (um keine Kirschfruchtfliegen ‘einzuschleusen’). Hin und wieder zerfetzen dann noch Sturm oder schwerer Hagel die Plastikfolien und machen Neuaufbauten erforderlich. Aber ganz im Ernst: Ist es das, was wir uns für unsere landwirtschaftliche Kulturlandschaft wünschen?

Die Frühsorten der Kischen sind madenfrei

Eine Alternative wären da noch die frühreifenden Kirschsorten (bis zur 3. Kirschwoche), die in der Regel noch nicht von den Maden der Kirschfruchtfliege betroffen sind. Aber genau die hat der Erwerbsobstbau seit der Etablierung der Supermärkte und der Internationalisierung des Fruchthandels in den 1960er Jahren fallen lassen müssen, weil diese frühen sog. ‘Herzkirschen’ etwas weichere Früchte haben als die spätreifenden festeren ‘Knorpelkirschen’ und weil der Handel lieber (gespritzte) spätreifende Knorpelkirschen aus südlichen Ländern importiert, die dort bereits ein paar Wochen früher reif sind. So sind die heimischen Frühsorten allmählich ganz aus dem Anbau verschwunden und sind nur in alten Streuobstbeständen noch hier und da zu finden.

Hier im Obst-Arboretum (Obstarboretum von Hans Joachim Bannier in Bielefeld) haben wir rund 50 historische Kirschsorten auf jeweils einzelnen Büschen veredelt. Die Frühsorten darunter – wir befinden uns jetzt in der 2.-3. Kirschwoche – sind von Natur aus madenfrei. Dennoch müssen wir die Büsche einzeln einnetzen, weil ansonsten die Vögel die Ernte (zum Teil bis zu 100%) dezimieren würden, und dann zur Ernte wieder einzeln ausnetzen. Das ist aufwändig und der Kirschverkauf daher letztlich kaum kostendeckend. Aber es ist auch in diesem Jahr unsere einzige Möglichkeit, wenigstens in kleinem Umfang unbehandelte Kirschen für den Hofverkauf anbieten zu können.

Autor: Hans-Joachim Bannier, Bildquelle:  wikipedia.org (NiTenIchiRYu)