Von Hans Joachim Bannier:

Wer Kirschen erntet und für den Frischverzehr ein paar Tage länger etwas von ihnen haben will, sollte grundsätzlich mit Stiel pflücken. Lagert man anschließend die (ausschließlich unbeschädigten!) Früchte in Gläsern im Kühlschrank, halten auch Süßkirschen erstaunlich lange!

Will man die Früchte dagegen (z.B. für Marmelade) verarbeiten, kann man sie natürlich ohne Stiel pflücken. Auch die aufwändige Prozedur des Entsteinens kann man abkürzen, indem man die Früchte (inklusive Fruchtsteine) einmal kurz erhitzt und die Fruchtmasse anschließend durch ein grobmaschiges Sieb reibt – die Fruchtsteine bleiben dann zurück! Alternativ verwenden wir auch unsere Napfkisten für diese Prozedur (durch deren Löcher passen die Kirschsteine ebenfalls nicht durch).

Fakt ist, dass “alte” Kirschsorten weitaus besser für die Verarbeitung geeignet sind als die zwar großfrüchtigen und saftigen, aber letztlich deutlich weniger aromatischen Kirschen des heutigen Erwerbsobstbaus. Auch die Obstbrennereien in Süddeutschland verwenden für ihren Kirschbrand spezielle aromatische (und eher kleinfrüchtige) Sorten (wie z.B. die Sorte ‘Dolleseppler’). Auch Wildkirschen ergeben oft eine bessere Marmelade und einen besseren Brand (oder auch ‘Aufgesetzten’ Likör) als manche Edelsorte, sind nur leider doch ziemlich aufwändig in Ernte und Verarbeitung!

 

Aufzucht, Schädlingsabwehr, Ernte und Vermarktung von Kirschen sind schwierig

Von Hans Joachim Bannier:

Für Obstbetriebe und insbesondere Bio-Obstbetriebe ist die Vermarktung von Süßkirschen bis heute immer noch eine der schwierigsten Herausforderungen. Neben relativ hohen Erntekosten steht das Risiko von Ernteausfällen, wenn es in der Zeit der Fruchtreife regnet und die Früchte platzen. Ein einziger Starkregen in der Erntezeit kann schon mal die ganze Ernte zunichte machen.

Kirschfruchtfliege und Vogelfraß

Gegen die Maden der Kirschfruchtfliege werden im konventionellen Obstbau Insektizide gespritzt – besonders problematisch, weil dies bis relativ zeitnah vor der Ernte geschieht. Effektive Strategien für eine biologische Bekämpfung der Kirschfruchtfliege sind im Freiland für den Bio-Anbau bis heute nur ansatzweise entwickelt.

Zu allem kann – je nach Standort und bei kleineren Kirschbeständen – auch Vogelfraß die Ernte stark beeinträchtigen.

Große Erwerbsobstbetriebe in Deutschland – sowohl biologische als auch konventionelle – sind daher inzwischen dazu übergegangen, ihre kompletten Kirschanlagen “einzuhausen”, ein Zutritt bzw. eine Zufahrt in diese riesigen (Plastik-) Gewächshäuser ist nur durch eine Schleuse möglich (um keine Kirschfruchtfliegen ‘einzuschleusen’). Hin und wieder zerfetzen dann noch Sturm oder schwerer Hagel die Plastikfolien und machen Neuaufbauten erforderlich. Aber ganz im Ernst: Ist es das, was wir uns für unsere landwirtschaftliche Kulturlandschaft wünschen?

Die Frühsorten der Kischen sind madenfrei

Eine Alternative wären da noch die frühreifenden Kirschsorten (bis zur 3. Kirschwoche), die in der Regel noch nicht von den Maden der Kirschfruchtfliege betroffen sind. Aber genau die hat der Erwerbsobstbau seit der Etablierung der Supermärkte und der Internationalisierung des Fruchthandels in den 1960er Jahren fallen lassen müssen, weil diese frühen sog. ‘Herzkirschen’ etwas weichere Früchte haben als die spätreifenden festeren ‘Knorpelkirschen’ und weil der Handel lieber (gespritzte) spätreifende Knorpelkirschen aus südlichen Ländern importiert, die dort bereits ein paar Wochen früher reif sind. So sind die heimischen Frühsorten allmählich ganz aus dem Anbau verschwunden und sind nur in alten Streuobstbeständen noch hier und da zu finden.

Hier im Obst-Arboretum (Obstarboretum von Hans Joachim Bannier in Bielefeld) haben wir rund 50 historische Kirschsorten auf jeweils einzelnen Büschen veredelt. Die Frühsorten darunter – wir befinden uns jetzt in der 2.-3. Kirschwoche – sind von Natur aus madenfrei. Dennoch müssen wir die Büsche einzeln einnetzen, weil ansonsten die Vögel die Ernte (zum Teil bis zu 100%) dezimieren würden, und dann zur Ernte wieder einzeln ausnetzen. Das ist aufwändig und der Kirschverkauf daher letztlich kaum kostendeckend. Aber es ist auch in diesem Jahr unsere einzige Möglichkeit, wenigstens in kleinem Umfang unbehandelte Kirschen für den Hofverkauf anbieten zu können.

Autor: Hans-Joachim Bannier, Bildquelle:  wikipedia.org (NiTenIchiRYu)

Das Frühjahr in diesem Jahr war eher kühl und feucht. Während der Apfelblüte war es für die Honigbienen zu kalt. Nur einige Hummeln und Wildbienen flogen umher. Aber die hatten eigentlich Anderes im Sinn als die Befruchtung der Obstbaumblüten. Absichtlich hatten wir im Remscheider Sortengarten vorher nicht gemäht, so dass sich ein ein Teppich aus blühendem Löwenzahn und Wiesenschaumkraut bildete. Hauptsächlich dorthin lockte es die Insekten.

Ein Fördern der Konkurrenzblüher durch das Unterlassen der Mahd und dann noch die richtigen klimatischen Bedingungen führte zu dem Ergebnis, dass an den Obstbäumen pro Büschel immer nur 1-2 Blüten befruchtet wurden. So können wir uns das manuelle Ausdünnen in diesem Jahr ersparen.

Nur 1-2 befruchtete Blüten pro Büschel

Interview der Rheinischen Post mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Bergischen Streuobstwiesenverein e.V.

Das Interview führte Wolfgang Weitzdörfer für die Rheinische Post mit Rolf Meyer und wurde am 4.1.2021 veröffentlicht

 

Herr Meyer, was sind die charakteristischen Merkmale einer Streuobstwiese?

Rolf Meyer: In erster Linie ist die extensive Nutzung charakteristisch, und es werden weder  mineralische Düngung noch biologisch schädliche Herbizide und Pestizide verwendet. Die Bäume sind meist hochstämmig und stehen in größerem Abstand zueinander. Dadurch können sich sehr viel Unterbewuchs und unterschiedliche Tiergemeinschaften entwickeln. Die Diversität auf einer Streuobstwiese ist sehr groß und hat eine hohe ökologische Wertigkeit.

Sie bewirtschaften mehrere solcher Streuobstwiesen in Wermelskirchen?

Meyer: Ja, ich bewirtschafte zwei Wiesen in Wermelskirchen – den Streuobstsortengarten in Sellscheid und die Wiese in Eipringhausen. Beide sind jeweils etwa einen Hektar groß. In Eipringhausen stehen  etwa 40 Bäume. Daran kann man sehen, dass ausreichender Platz ein wichtiger Faktor für die Anpflanzung auf einer Streuobstwiese ist, besonders, wenn man sich später eventuell einmal für eine Unternutzung entscheidet – etwa als Schafsweide.

Welche und wie viele Obstbäume sind dort angepflanzt?

Meyer: In Sellscheid habe ich verschiedene Sorten stehen, darunter auch seltene alte regionale – etwa 30 unterschiedliche stehen dort. Darüber hinaus wird dort hauptsächlich die Apfelsorte Prinz Albrecht von Preußen angebaut – sie eignet sich sehr gut für die Herstellung von Apfelsaft. Ich möchte auf diese Weise zum einen mit vielen unterschiedlichen Sorten die genetische Vielfalt erhalten, zum anderen aber auch eine gewisse Wirtschaftlichkeit im Streuobstanbau erreichen. Das geschieht eben durch die Auswahl einer für die Saftverarbeitung gut geeigneten Sorte. In Eipringhausen stehen nur Bäume der Sorte Gewürzluiken, die ergeben auch einen guten Apfelsaft.

Was braucht man, um eine Streuobstwiese anzulegen?

Meyer: Motivation und die Bereitschaft, Einiges an Zeit für dieses Hobby zu investieren. Dazu sollte man wissen, wie man die Bäume richtig pflegt und schneidet. Das kann man erlernen. Man sollte auch keine Scheu haben, bei jedem Wetter im Freien zu arbeiten, aber das hält ja auch fit.

Wo kann man das nötige Handwerk erlernen?

Meyer: Der Verein bietet beispielsweise solche Kurse an. Wann sie stattfinden, weisen wir auf unserer Internetseite darauf hin. Auch die Biologische Station Rhein-Berg veranstaltet Fortbildungen. Man kann das Handwerk aber auch in Form einer zwei- bis dreijährigen Ausbildung mit Wochenendseminaren und einer Abschlussprüfung erlernen.

Was ist der große ökologische Vorteil dieser Art des Obstanbaus?

Meyer: Zum einen ist es ein Anbau, der einen regionalen Markt bedient. Der weite Transport fällt also fast komplett weg. Durch den Verzicht auf Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmittel wird die Umwelt geschont. Insektenhotels im Umfeld der Wiesen fördern zusätzlich die Insektenpopulation. An den Bäumen hängen wir Vogelhäuschen auf, denn Vögel sind die besten natürlichen Schädlingsbekämpfer. Auf den Wiesen kommen Marder vor, die den Wühlmäusen nachstellen. Wühlmäuse sind auch Nahrung für die Greifvögel, für die wir Sitzstangen aufstellen. Und so setzt sich das fort. Es ist eine sehr differenzierte Tiergemeinschaft, die da entsteht.

Kann es mehr als nur eine „Liebhaberei“ sein – etwa in wirtschaftlicher Hinsicht?

Meyer: Ohne eine wirtschaftliche Denkweise funktioniert das auf Dauer nicht. Der Verein hat sich die Förderung der Streuobstwiesen zum Ziel gesetzt. Und das kann langfristig nur umgesetzt werden, wenn wir auch Landwirte davon überzeugen können, dass Streuobstwiesen einen wirtschaftlichen Nutzen erbringen. Nur dann kann sich eine gewisse Eigendynamik entwickeln.

Wie viele Streuobstwiesen gibt es in Wermelskirchen – und wer betreibt sie?

Meyer: Das sind einige. Sie sind allerdings noch nicht alle kartiert. Das NRW-Landwirtschaftsministerium wollte das für das ganze Land machen, aber das ist noch nicht abgeschlossen. Keiner weiß also genau, wie viele Wiesen, auch kleinere, es eigentlich in Wermelskirchen gibt. Das Hauptproblem ist aber, dass es nicht genug Menschen mit ausreichendem Fachwissen gibt, um die vorhandenen Wiesen auch zu pflegen. Denn, wie gesagt, es ist eine aufwändige Arbeit. Wenn mehr Leute die Pflege von Streuobstwiesen zu ihrem Hobby erklären würden, dann würde das sehr viel bringen.

Ist das auch ein Ziel Ihres Vereins?

Meyer: Ja, das ist ein Kernziel und das Nadelöhr. Die Ausbildung von Obstbaumwarten, die in der Lage sind, die Bäume fachgerecht zu pflegen und zu schneiden, liegt uns sehr am Herzen. Auch die Biologischen Stationen versuchen derzeit – wie schon erwähnt – , eine eigene Ausbildung im Bergischen Land dafür auf die Beine zu stellen.

Sind Streuobstwiesen Konkurrenz oder Ergänzung für den konventionellen Obstanbau?

Meyer: Also, eine Konkurrenz ist das nicht. Denn die wirtschaftlichen Möglichkeiten werden im Moment noch nicht so genutzt, wie es eigentlich möglich wäre. Das kann sich aber in der Zukunft ändern. Wenn man viele Bäume mit hochwertigen Apfelsorten auf Streuobstwiesen anpflanzt und daraus einen ebenso hochwertigen Saft herstellt, dann wird man ihn auch zu einem fairen Preis anbieten können. 

Wann kann man denn mit ersten Erträgen rechnen?

Meyer: Wenn man heute eine Wiese mit jungen, hochstämmigen Apfelbäumen anlegt, kann man damit rechnen, dass sie erst ab dem 15. Jahr nennenswerte Erträge liefern. Ab dem zehnten Standjahr gibt es in der Regel die ersten Äpfel zu ernten – damit man aber Saft herstellen kann, braucht man natürlich einen entsprechend großen Ertrag. Zeit und ein langer Atem sind wichtige Faktoren. Wenn man nun aber kleinere, mittelstark wachsende Bäume pflanzt, dann kann man auch nach sechs Jahren schon mit den ersten Erträgen rechnen.

Haben Sie selbst eine Lieblingsapfelsorte?

Meyer: Mein Lieblingsobst ist der Gravensteiner Apfel, eine Sorte aus dem 16. Jahrhundert. Der ist vom Geschmack her einzigartig. Wenn Sie den Gravensteiner sortenrein zu Saft pressen und dann recht frisch trinken, ist das ein sinnliches Erlebnis – ein Geruch nach frischgemähter Wiese und ein wunderbarer Geschmack. Allerdings ist er etwas schwierig zu halten – er braucht ein bestimmtes feuchtes Klima. In den vergangenen Jahren war das wegen der Trockenheit bei uns nicht so einfach. 

Wesentliche Erleichterung für die Streuobst-Ernte durch den Ernteschirm

Zur Erleichterung der alljährlichen Apfelernte für den Bergischen Streuobst-Apfelsaft haben Hartmut Brückner, Michael Müller und Karl Kritzler  vom Bergischen Streuobstwiesenverein e.V. den neuen Ernteschirm eingesetzt:

  • Dabei handelt er sich um einen selbstfahrenden, zusammenklappbaren Schirm mit 8m Durchmesser, vergleichbar mit einem riesengroßen umgekehrten Regenschirm.
  • Dieser neue Ernteschirm wird an den Obstbaum herangefahren und um den Stamm herum aufgeklappt.
  • Mit einem Traktor wird dann ein um den Baum geschlungenes Stahlseil gespannt. Mit Hilfe eines Exzentermechanismus am Traktor wird der ganze Baum ein paar Sekunden in Schwingungen versetzt.
  • Dadurch lösen sich die Äpfel vom Baum, fallen in den Schirm und werden durch eine Öffnung auf ein kleines Förderband geführt, das sie zum Auffangen in Behältnissen nach draußen schafft.

So funktioniert der neue Ernteschirm: Bilder und Videos vom Erntesystem der Firma Harter

Der zusammengeklappte Ernteschirm bei der Apfelernte 

Hier wird der Ernteschirm um den Apfelbaum auseinandergefaltet

So sieht der gänzlich aufgeklappte Ernteschirm am Ende aus

Video 1: Schütteln des Obstbaumes

Video 2: Die Äpfel rollen nach innen auf ein Förderband

Video 3: Die Äpfel werden per Förderband in die Obstkisten transportiert

Im Sortengarten in Remscheid Reinshagen stehen – neben 100 verschiedenen Apfelsorten – auch 90 Bäume der Sorte “Gravensteiner”, sozusagen als Hauptsorte. 

  • 5 Sämlingshochstämme, die 18 Jahre alt sind und sich schon in der Ertragsphase befinden
  • und 85 zwei- bis vierjährige Halbstämme auf MM 106 – Unterlage veredelt, von denen der eine oder andere Baum schon einige Früchte tragen könnte.

Der Grund, so viele Bäume von einer Sorte anzupflanzen? Bei Obstbäumen einer Sorte können einmal mindestens 2 Tonnen Äpfel geerntet werden. Genug, um eine mobile Mosterei zur Wiese kommen zu lassen – und nicht umgekehrt. Das würde eine Menge an Aufwand einsparen und man hätte “auf einen Schlag” 1600 Liter reinsortigem Apfelsaft.

Leider blühte kein einziger der zahlreichen Bäume,  und entsprechend  gab es auch keine Früchte! Wie konnte es zu diesem flächendeckenden, auf eine Sorte bezogenen Ernteausfall kommen? Die Ernte bei den anderen Apfelsorten ist in diesem Jahr durchaus zufriedenstellend (sieht man einmal von einigen Sorten ab, die alternanzbedingt in diesem Jahr keine Früchte tragen).

Die Apfelsorte Gravensteiner leidet besonders unter dem Klimawandel

Schon 2019, ein Jahr zuvor, hatten die Gravensteiner Sämlingshochstämme nur wenig Ertrag, so dass Alternanz als Grund für den totalen Ernteausfall wegfällt. Am ehesten könnte ich mir vorstellen, dass es an der Sorte liegt: der Gravensteiner mag feuchtes Klima. Deshalb hatte ich ihn ja auch gerade in Remscheid angebaut.

Der Klimawandel scheint mir nun einen Strich durch meine Rechnung zu machen. Im Sommer, am Ende der jährlichen Wachstumsphase, bilden sich die Blütenknospen für das nächste Jahr. Der Sommer 2019 war extrem trocken und heiß. Bei einer solch empfindlichen und feuchtigkeitsliebenden Apfelsorte wird das Klima wohl der Hauptgrund dafür gewesen sein, dass sich keine Gravensteiner-Blütenknospen bilden konnten.

von Hans Joachim Bannier:

Durch den Klimawandel eine um zwei Wochen frühere Apfelblüte

In den Jahrzehnten vor 1990 lag der Beginn der Apfelblüte hierzulande erst im Mai. Aufgrund des Klimawandels ist der durchschnittliche Beginn der Apfelblüte in Deutschland inzwischen um gut 2 Wochen nach vorne gerückt. Das erhöht die Gefahr von Nachtfrösten in der Blüte. Am heftigsten haben die Obstbauern in ganz Mittel- und Westeuropa das im Frühjahr 1990 erfahren müssen: Aufgrund des viel zu warmen Winters blühten seinerzeit die Apfelbäume schon in der ersten Aprilhälfte; ausgerechnet da kamen dann die ersten Fröste des Jahres. In der Folge hatten wir 1990 die höchsten Apfelpreise aller Zeiten (konventionelle Äpfel 7.- DM/kg auf den Wochenmärkten der Städte).

Frostschäden: der gewerbliche Niederstammanbau ist am stärksten betroffen

Für die Obsthöfe in Deutschland, die Tafelobst für die Supermärkte produzieren, kommt erschwerend hinzu, dass die meisten der modernen Apfelsorten sogenannte Frühblüher sind, d.h. im Reigen der Apfelsorten gehören sie zu denen, die zuerst aufblühen. Und auf den heute im Erwerbsobstbau verwendeten schwach wachsenden Wurzelunterlagen blühen die Apfelsorten noch mal ein paar Tage eher als auf den Hochstämmen, auf denen früher Apfelsorten angebaut wurden. Die bodennahe Ernte auf den Apfelbüschen heutiger Tage ist zwar einerseits wirtschaftlicher als die Hochstamm-Ernte, andererseits treffen Blütenfröste die Blüte des Niederstammobstes eben auch stärker, da sich die Frostluft am Boden sammelt.

Die großen Obsthöfe haben daher inzwischen zumeist eine aufwändige Frostschutzberegnung installiert. Bei Luftfrost werden die Blüten dann beregnet und in einen Eispanzer gepackt, in dem sie bei -1° C besser überleben können als bei -5° Luftfrost.

Sortenvielfalt als Strategie gegen Blütenfröste

Obstbauern früherer Zeiten hatten i.d.R. eine andere Strategie, sich gegen Blütenfröste zu schützen: Sortenvielfalt!
Unter den Apfelsorten früherer Zeiten gab es eine größere Anzahl ausgewiesener Spätblüher (bekannt z.B. Rote Sternrenette oder Rheinischer Winterrambur). So hat in typischen Blütenfrostjahren immer wenigstens ein Teil der Bäume getragen und die Bauern vor einem Totalverlust bewahrt. Interessanterweise sind gerade viele sog. Lokal- oder Regionalsorten ausgesprochene Spätblüher und waren deshalb beliebt, selbst wenn es z.T. eher Wirtschaftsäpfel für die Küche waren und keine erstklassigen Tafeläpfel (in Westfalen z.B. Westfälischer Gülderling, Schöner aus Wiedenbrück, Gelber Münsterländer Borsdorfer; im Rheinland z.B. Tulpenapfel, Schöner aus Elmpt, Grünapfel, Luxemburger Triumph).

Streuung der Blütezeit durch Auswahl verschiedener Standorte

Auch durch die Auswahl verschiedener Standorte (Südhang-, Nordhanglage) hat man – wo das möglich war – versucht, eine gewisse Streuung der Blütezeiten zu erreichen. Nordhänge galten früher (weil später blühend) als die besten Standorte für den Obstbau und viele Nordhänge der Mittelgebirge waren typische Obstbaustandorte (z.B. im Nordharz bei Blankenburg/Quedlinburg; an den Fahnerschen Höhen nordwestlich von Erfurt; an der Frankenhöhe bei Burgbernheim/Mittelfranken).

Der moderne Obstbau hat technisch aufgerüstet und meint daher, Biodiversität und Standortfaktoren nicht mehr berücksichtigen zu müssen. Ab -7° bis -8° C hilft dann allerdings auch die Frostschutzberegnung nicht mehr, wie 2017 einige Betriebe in Süddeutschland bitter erfahren mussten. Das Obst-Institut in Weinsberg (Baden-Württemberg) hat in der Folge damit begonnen, besonders spät blühende alte Apfelsorten in ihr Zuchtprogramm zur Entwicklung neuer Apfelsorten aufzunehmen.

Die Erhaltung von Biodiversität bei Apfelsorten ist elementar wichtig

Was wäre, wenn es diese spätblühenden alten Sorten gar nicht mehr gäbe, nachdem alle Obstbau-Institute uns von 1960 bis heute weisgemacht haben, dass wir den “alten Klump” nicht mehr brauchen (und der Staat den Hochstammobstbau zum Auslaufmodell erklärte und in den 1970er Jahren Rodeprämien zum Roden der Hochstammbäume bezahlte)?

Das Beispiel mag deutlich machen, dass die Erhaltung der Biodiversität bei Apfelsorten – wie bei allen landwirtschaftlichen Kulturpflanzen – von elementarer Wichtigkeit ist, um auf Umweltveränderungen reagieren zu können. Inzwischen gibt es in Deutschland einige Dutzend Arche-Höfe für alte Obstsorten, an denen (so wie hier am Obstarboretum Olderdissen) traditionelle Sorten in größerem Umfang erhalten werden. Spezielle Förderprogramme zur Erhaltung genetischer Vielfalt sind in den letzten Jahren zwar in der politischen Diskussion gewesen, jedoch leider im Sand der politischen Umsetzung in den Bundesländern immer wieder abgeblockt worden.

 

Ca. 250 Bäume stehen im jungen Sortengarten an der Lobirke in Remscheid. Davon sind etwa 20 Bäume schon im ersten Ertragsstadium. Im September wurden folgende Sorten innerhalb von 10 Tagen für die Apfelsaftherstellung geerntet:

  • Alkmene
  • Ananasrenette
  • Berner Rosenapfel
  • Dülmener Rosenapfel
  • Geflammter Kardinal
  • Gala
  • Krügers Dickstiel
  • Prinz Albrecht
  • Roter Augustiner
  • Rubinola
  • Spartan

Den frühe Apfelsorten fehlt die Säure

Die oben aufgeführten Sorten schmecken alle eher mild und süß mit mehr oder weniger Würze: als Tafeläpfel sehr geeignet, aber für Apfelsaft? Mit den geernteten Äpfeln fuhren wir also zur mobilen Mosterei der Familie Rapp. Aus den 300 kg konnten dann 200 Liter Saft gepresst werden: insgesamt 66 Dreiliter-Bags. Das Geschmack des Apfelsaftes war dann auch erwartungsgemäß eher süß und mild. Für kleine Kinder, die gerne Apfelsaft trinken, danach aber schnell einen wunden Po bekommen, ist er gut geeignet. Erwachsene bevorzugen aber doch eher einen etwas herberen Geschmack mit mehr Säureanteilen.

Welche frühe Apfelsorte lässt sich gut mit süßen und säurearmen Sorten mischen?

Es ist gar nicht so einfach, frühe und überwiegend säuerlich schmeckende Apfelsorten zu finden, die sich zudem auch gut für die Saftherstellung eignen. Ich habe recherchiert und bin auf die Apfelsorte “Maunzenapfel” gestoßen: Robustheit, Windfestigkeit und ein saurer Geschmack zeichnen ihn aus als Beimischungs-Sorte zum Frühherbstcuvee.

Weitere Informationen über den Maunzenapfel erhalten Sie hier.

 

Anders als bei sortenreinen Säften stehen bei Mischsäften (Cuvees) eher das harmonische Zusammenspiel der einzelnen sortenspezifischen Geschmacksrichtungen im Vordergrund. Ein guter Apfelsaftcuvee sollte Süße, Säure, Gerbstoffe, eventuell auch eine etwas Bitterstoffe und zusätzliche Aromen (wie z.B. einen weinigen Renettengeschmack) enthalten. 

Es gibt Apfelsorten, die sich in besonderem Maße zur geschmacklichen Aufwertung von Mischsäften eignen, die in der Lage sind, einem Cuvee eine zusätzliche besondere Geschmacksnote hinzuzufügen. 

Aus eigener Erfahrung heraus kann ich drei Sorten besonders empfehlen: 

  • die Goldparmäne
  • den Rheinischen Bohnapfel
  • und den Boskoop.

Aufwertung von mehrsortigen Apfelsäften durch die Sorte “Goldparmäne”

Goldparmäne, © UK National Fruit Collection

Die Goldparmäne ist ein Tafelapfel und für die Saftherstellung eigentlich viel zu schade. Außerdem ist sie relativ empfindlich im Anbau und neigt zu Vorerntefruchtfall und Schorf. 

Auch weist diese Sorte nicht unbedingt eine große geschmackliche Tiefe aus: Säure und Süße halten sich in Grenzen, es gibt auch keine, für Apfelsäfte so beliebte “weinige” Renettenwürze. Ihre geschmacklichen Vorteile liegen im unvergleichlich nussigen Geschmack der spät geernteten Äpfel. Und diese Note als Beimischung ist in der Lage, den Geschmack von mehrsortigen Apfelsäften zu verfeinern.

Durch den sehr trockenen und heißen Sommer 2019 hatte ich das Glück, dass mein nah am Wald stehender Goldparmänebaum relativ schorffrei blieb und ich eine gute Menge voll ausgereifter Früchte ernten konnte. Diese Äpfel habe ich dann zu der Sortenmischung für meinen Herbst-Cuvee 2019 zugefügt. Das Ergebnis: durch den nussigen Geschmack hat dieser Mischsaft eine bis dahin nicht erreichte geschmackliche Harmonie. 

Aufwertung von  gemischten Apfelsäften durch die Sorte “Rheinischer Bohnapfel”

Apfelsorte Rheinischer Bohnapfel, © Rolf Meyer

Im Gegensatz zur Goldparmäne wird der Rheinische Bohnapfel hauptsächlich auch als Saftapfel genutzt. Man kann ihn sowohl zu sortenreinem Saft vermosten oder auch zu Mischungen hinzufügen. Das Besondere an ihm ist seine mild-herb-bittere Note, die jeden Saft geschmacklich verbessern kann. 

Aufwertung von Apfelsaft-Cuvees durch die Sorte “Boskoop”

Boskoop, © UK National Fruit Collection

Einem Cuvee ohne besondere Würze und Säure (z.B. aus Sorten wie Eiserapfel, Krügers Dickstiel, Pinova, Alkmene  oder auch aus nicht sonnengereiften Früchten) kann die Apfelsorte “Boskoop” geschmackliche Tiefe verleihen. Diese Sorte zeichnet sich durch einen besonders hohen Gehalt an Süße, Säure, Adstringentien (Gerbstoffe) und weiniger Würze aus.

 

Es gibt kaum Informationen über dass Thema “sortenreiner Apfelsaft”

Ich habe verschiedene robuste und auch weniger robuste Apfelsorten aus dem Streuobst-Sortengarten Remscheid jeweils zu sortenreinen Apfelsäften pressen und diese dann verkosten lassen. Die unten stehende Auswahl ist nicht sehr groß. Sicherlich gibt es auch andere geeignete Sorten, aber darüber findet man kaum Informationen. Das einzigen Informationen in dieser Hinsicht bietet eine wissenschaftliche Untersuchung aus der Schweiz, die Polyphenol-, Säure- und Zuckergehalte bei verschiedenen Streuobstsorten untersucht und bewertet hat. Diese Ergebnisse helfen aber kaum weiter, weil wir eher subjektive Eindrücke benötigen.

Eigene Anbau- und Verkostungsergebnisse

Folgende Apfelsorten ergeben – laut unseren Verkostungsergebnissen – sehr gut schmeckende sortenreine Apfelsäfte. Das heißt aber nicht, dass auch alle robust und wenig krankheitsanfällig im Anbau sind. So sind z.B. Ananasrenette und Gravensteiner ziemlich empfindlich, aber als reinsortiger Apfelsaft ist ihr Geschmack halt überragend. Hier eine Sortenauswahl für Premiumsäfte:

Zabergäurenette

  • Ausgeprägte sortenspezifische Würze, ähnlich wie Boskoop, nur noch mehr Würze und Süße.
  • Saft hat nach einem Jahr Lagerung die Geschmacksnote von Rhabarber. 
  • Kein Vorerntefruchtfall, Früchte sind windfest am Baum.
  • Robust, nur gering krankheitsanfällig (Mehltau).
  • Wechsel zwischen Jahren mit mehr und Jahren mit weniger Ertrag.

Rheinischer Bohnapfel

  • Saft hat einen leicht bitteren und gerbstoffhaltigen Geschmack, sehr spezifisch. Der “trockene” unter den Apfelsäften.
  • Kein Vorerntefruchtfall, Früchte sind windfest am Baum.
  • Robust, wenig krankheitsanfällig.
  • Ertrag etwas alternierend.

Gewürzluiken

  • Ausgeglichene Würze mit einer etwas birnenähnlichen (gerbstoffhaltigen) Note.
  • Saft schmeckt leicht und sehr spritzig. Hat bei einer Saftverkostung den zweiten Platz belegt.
  • Kein Vorerntefruchtfall, Früchte sind windfest am Baum.
  • Robust, kaum krankheitsanfällig.
  • Jährlich regelmäßiger Ertrag.

Prinz Albrecht von Preußen

  • Rosenartige, frische Würze.
  • Saft hat anfangs eine Note von Rhabarber, die sich mit zunehmender Lagerung verliert. 
  • Geringer Vorerntefruchtfall.
  • Robust, relativ wenig krankheitsanfällig (außer Fruchtfäule)
  • Regelmäßiger, jährlicher Ertrag.
  • Nachteilig ist der hohe Pflegeaufwand:
  • Früchte sollten vereinzelt werden, um Fruchtfäule durch zu engem Behang vorzubeugen,
  • es sind regelmäßige Schnittmaßnahmen notwendig, um der durch die enorme Fruchtbarkeit bedingte Neigung zur Erschöpfung und Vergreisung entgegenzuwirken.

Kardinal Bea

  • Würze bei ausgereiften Früchten leicht lakritzartig.
  • Säurereduzierter, würziger Saft, bei Kindern sehr beliebt.
  • Kein Vorerntefruchtfall, windfest.
  • Schwacher Wuchs, leicht abzuernten.
  • Jährlich regelmäßiger, aber geringer Ertrag.
  • Sehr robuste Sorte, wenig krankheitsanfällig.

Ananasrenette

  • Ansammlung von Südfrüchte-Aromen, die an Ananas, Banane und Mango erinnern.
  • Saft hat eine große geschmackliche Tiefe. Sollte nicht zu reif geerntet werden, damit der Säuregehalt noch hoch genug ist.
  • Geringer Vorerntefruchtfall.
  • Nachteile:
  • stark krebsanfällig in verdichteten und feuchten Böden. Anfällig für Stippe.
  • Relativ hoher Pflegeaufwand: die Früchte sollten vereinzelt werden, sonst bleiben sie klein und sind qualitativ nicht ausreichend.

Zuccalmagliorenette

  • Ausgeprägte sortenspezifische Würze.
  • Saft schmeckt quittenähnlich mit etwas zitroniger Säure und passender Süße. 
  • Kein Vorerntefruchtfall, Früchte sind windfest am Baum.
  • Robust, wenig krankheitsanfällig.
  • Nachteile:
  • Neigung zur Schwachwüchsigkeit, geringer Ertrag,
  • Relativ hoher Pflegeaufwand: die Früchte sollten vereinzelt werden, sonst bleiben sie klein und sind qualitativ nicht ausreichend.
  • Benötigt relativ warmen Standort und aufwendige Pflege.
  • “Schwierige” Sorte.

Gravensteiner

  • Ausgeprägte sortenspezifische Würze.
  • Saft hat Aroma nach frisch gemähter Wiese. Wunderbarer sortenspezifischer Geschmack. 
  • Nachteile:
  • Starker Vorerntefruchtfall.
  • Ziemlich anfällig für Schorf und Mehltau.
  • Jährlich unregelmäßiger, alternierender Ertrag.
  • Benötigt spezielles, feuchteres Klima und einen hohen Pflegeaufwand.

Dem sortenreinen Apfelsaft gehört die Zukunft

Wie beim Wein: steigendes Qualitätsbewusstsein auch bei Obstsäften

In heutigen Zeiten bemerkt man ein steigendes Qualitätsbewusstsein bei der Herstellung der Streuobstsäfte. Produzenten wie VAN NAHMEN und andere bieten mittlerweile sortenreine Säfte in einer guten Qualität an. Andere, kleinere Produzenten werden folgen. Der Markt an hochqualitativen Säften aus extensiven Streuobstkulturen entwickelt sich ähnlich wie beim Wein!  Wer glaubt, verschiedene Apfelsorten bieten nicht genügend Bandbreite an Aromen, der irrt. 

Auswahlkriterien für geeignete Apfelsorten

Wenn Landwirte und andere am extensiven Obstanbau Interessierte die Anlage einer Streuobstwiese für die Herstellung sortenreiner Säfte planen, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, welche Sorten Sie anpflanzen wollen. Aber nach welchen Kriterien wählt man aus?

Auswahlkriterium “Ernteverhalten”

Meiner Ansicht nach ist es vorteilhaft, Sorten zu bevorzugen, 

  • die keinen oder nur wenig Vorerntefruchtfall haben und deren Früchte windfest am Baum hängen
  • und die zu einem bestimmten Zeitpunkt reif werden, also keinen folgernden Reifezeitpunkt haben (wie z.B. Alkmene, deren Reifezeitpunkt sich am Baum über Wochen erstreckt). Die Sorten sollen jeweils zu einem Zeitpunkt vollständig abgeerntet werden können.

Auswahlkriterium “Geschmackliche Tiefe”

Die wichtigsten Kriterien für einen guten Geschmack sind

  • Säure,
  • Gehalt an Gerb- und Bitterstoffen,
  • Süße
  • und spezielle, sortenspezifische Würzung.

Bevor man sich also für den Anbau vieler Bäume einer speziellen Apfelsorte entscheidet, sollte man sie vorher selbst probiert und zu Apfelsaft verarbeitet  haben. 

Auswahlkriterium “Angepasster Standort”

Die beste Pflege ist nutzlos, und die Bäume können nicht gedeihen, wenn die Sorten nicht an den Standort angepasst sind. Wichtige Standortfaktoren für die Sortenauswahl sind:

  • allgemeine klimatische Bedingungen (Höhenlage (Meter), jährliche Regenmenge, jährliche Durchschnittstemperatur, Wind),
  • Standort bedingte klimatische Bedingungen (Ausrichtung der Wiese, Waldnähe, Besonnung, Berg- oder Tallage),
  • Bodenbedingungen: (tonig, lehmig, sandig, humos, verdichtet, mergelig)

Auswahlkriterium “Robustheit”

Viele geschmacklich interessante Sorten gelten als krankheitsanfällig und/oder als pflegeaufwändig (z.B. Gravensteiner, Goldparmäne, Zuccalmaglio). Ein Anbau lohnt sich nur für denjenigen, der für die Herstellung geschmacklich herausragender Säfte bereit ist, ein erhebliches Mehr an Arbeit zu investieren. 

 

Pektinklümpchen im naturbelassenem Apfelsaft nach längerer Lagerung

Was ist Pektin?

Pektin ist ein pflanzlicher, Wasser bindender Ballaststoff. Verschiedene Obstsorten enthalten unterschiedliche Mengen an Pektin, den höchsten Gehalt weisen Äpfel auf. Apfelsaft enthält unmittelbar nach der Pressung viele Trübstoffe, die in besonderem Maße Pektin enthalten und sich nach einiger Zeit der Lagerung zu kleinen Klümpchen verdicken können.

Die Schönung: Beseitigung des Pektins im Apfelsaft

Bei der industriellen Herstellung von Apfelsaft wird Pektin als störender, unschöner Saftbestandteil angesehen, den es zu entfernen gilt. Zur so genannten „Schönung“ wird der Saft noch weiteren Prozeduren unterworfen: z.B. die Behandlung mit speziellen, Pektin ausfällenden Enzymen, Gelatine, Kieselsol, Betonit oder Aktivkohle. Der Apfelsaft bekommt dadurch ein gefälligeres Aussehen und eine flüssigere Konsistenz. Allerdings entfernt er sich durch derartige Behandlungen immer weiter vom eigentlichen Naturprodukt!

Die gesundheitsfördernde Wirkung des Pektins

Nachgewiesen sind folgende sehr positive Eigenschaften:

  • Regulierung der Verdauung
  • Senkung des Blutzuckers
  • Senkung des Cholesterinspiegels
  • Unterstützung und Förderung der physiologischen Darmflora

Nähere Informationen über die gesundheitsfördernden Eigenschaften der Pektine stehen auf der Internetseite www.reformhaus-fachlexikon.de unter dem Stichwort “Pektin”.

Die Ausfällung von Pektinklümpchen weist auf höchste Saftqualität hin

Ein wirklich naturbelassener Premium-Apfelsaft ist gepresst und nur kurz erhitzt (pasteurisiert). Keine weiteren Verarbeitungsschritte sind vorgesehen. Das Pektin in diesem Saft wird nach 6 bis 12 Monaten der Lagerung anfangen, kleine Klümpchen zu bilden. Dies mindert in keiner Weise die geschmackliche Qualität des Saftes. Wenn man diese Ausfällungen nicht mittrinken möchte, braucht man vor dem Einschenken nur das Schütteln des Saftbehälters zu unterlassen.

Auf diese Tatsachen sollte auf dem Saftbehälter hingewiesen werden, aber dann als untrügliches Zeichen für besondere Qualität und Naturbelassenheit. 

 

Beispiel für eine positiv besetzte Information über die Ausfällung von Pektinen

Woran erkennen Sie,
dass dieser Saft wirklich naturbelassen ist?


An den kleinen Pektinflöckchen!

Die Pektine in diesem Apfelsaft sind von hohem gesundheitlichen Wert und ein Zeichen für die Naturbelassenheit dieses Premium-Apfelsaftes. Sie mindern in keiner Weise die geschmackliche Qualität. Wenn man diese Ausfällungen nicht mittrinken möchte, braucht man vor dem Einschenken nur das Schütteln des Saftbehälters zu unterlassen.

 

von Hans Joachim Bannier

Im heutigen modernen Erwerbsobstbau spielen die lang lagerbaren Apfelsorten heute wirtschaftlich keine Rolle mehr. Die modernen Kühlhäuser bügeln einiges aus, was die Apfelsorten selbst an Haltbarkeit nicht mitbringen.

Das controlled-atmosphere-Verfahren

Dank der modernen Kühlmethoden (sog. ‘controlled atmosphere’, bei der der Sauerstoffgehalt im Kühllager künstlich heruntergefahren wird) können auch Sorten wie Elstar, die normalerweise nur bis Februar halten, plötzlich bis in den Sommer hinein gelagert (und notfalls im August dann als “neue Ernte” verkauft!) werden.

Das smart-fresh-Verfahren

Der ‘neueste Schrei’ im Erwerbsobstbau heißt ‘Smart fresh’ – ein neues Verfahren zur noch längeren Lagerung von Äpfeln: Bei diesem Verfahren werden die Äpfel mit Methyl-cyclo-propen begast, um die Lentizellen (die ‘Atmungsorgane’ der Äpfel) zu verschließen. Im Biologischen Anbau ist dieses Verfahren verboten, im konventionellen Obstanbau gewinnt es jetzt auch in Deutschland immer mehr Bedeutung. Wikipedia schreibt dazu: “Diese Substanz wurde in Bezug auf ihre Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden”.
Kritisiert wird das Verfahren (ungeachtet evt. gesundheitlicher Gefährdung) unter anderem auch deshalb, weil durch ‘smart fresh’ eine Frische vorgetäuscht werden kann, die – z.B. bezüglich des Vitamingehalts der Äpfel – schon längst nicht mehr existiert.

von Hans Joachim Bannier

Der optimale Ort für die Lagerung von Äpfeln ist eine Erdmiete (Erdlager, Erdkeller)

Ein Erdlager kann sich jeder Gartenbesitzer selbst bauen: Man gräbt ein mindestens 80cm tiefes Loch, kleidet die Seitenwände mit Blechen aus (gegen Mäuse) und versieht die Erdmiete mit einem (auf der Unterseite mit Isoliermaterial versehenen) Deckel.

Auch die oberen 30cm der Seitenwände werden von innen mit einem Isoliermaterial (z.B. Styropor) versehen, damit die Erdmiete gegen Fröste geschützt ist (Der Boden gefriert bei uns in der Regel nicht tiefer als 30cm).

Den Boden des Obstlagers kann man einfach erd-offen lassen, was für die richtige (hohe) Luftfeuchtigkeit sorgt (und die Mäuse graben sich i.d.R. nicht tiefer als 80cm).

In der Gegend, in der ich aufgewachsen bin (Göttingen/Südniedersachsen), liegen manche Dörfer in steilen Hanglagen. Dort haben die Leute teils große begehbare Erdkeller auch in den Hang gegraben oder Höhlen in den Sandsteinfels gehauen. So hatte man optimale Lagerräume für Obst und Gemüse – ohne Stromverbrauch!

Lang haltbare Tafelapfel-Sorten

Genauso wichtig wie ein gutes (Natur-) Obstlager sind auch Apfelsorten, deren Früchte man bis zum nächsten Frühjahr lagern kann. Hier ein paar empfehlenswerte Tafeläpfel:

  • Ontario,
  • Winterglockenapfel,
  • Melrose,
  • Undine,
  • Pilot,
  • Brettacher.

Lang haltbare Wirtschaftsapfel-Sorten

Neben den hier vorgestellten Tafelapfelsorten hat es früher im Anbau auch zahlreiche Wirtschaftsäpfel gegeben, deren Früchte ebenfalls bis in den Juni/Juli halten, die aber immer schon als reine Wirtschaftsäpfel für die Küche galten und nicht als Tafelapfel für den Frischverzehr. Zu nennen wären hier z.B.

  • Roter Eiserapfel,
  • Grüner Stettiner,
  • Roter Stettiner,
  • Boikenapfel,
  • Hauxapfel,
  • Hilde und andere mehr.

von Hans Joachim Bannier:

Wer selbst eigene Süßkirschen zu Marmelade verarbeiten möchte: Neben den üblichen Zutaten unbedingt etwas Zitronensaft beigeben!

Die Kirschen kann man – statt sie einzeln zu entsteinen – auch samt Fruchtsteinen erst mal kurz erhitzen und die gesamte Masse dann durch ein weitmaschiges Sieb drücken (wir nehmen dazu unsere grünen Napfkisten mit ihrem durchbrochenen Boden. Die Fruchtmasse wird durch die Ritzen des Bodens gedrückt, die Steine bleiben in der Kiste).

Als Zutaten nehmen wir lediglich ca. 15-20% Zucker sowie (separat erhältlich) reines Apfelpektin (1% auf die Gesamtmasse).

Damit das Pektin beim Einrühren in die Fruchtmasse nicht klumpt, sollte es vorher mit dem Zucker vermischt und erst dann peu à peu (am besten unter Verwendung eines Schneebesens) in die Fruchtmasse eingerührt und anschließend noch mal kurz aufgekocht werden. Speziell bei Süßkirschen sollte man (wie schon erwähnt) einen Schuss Zitronensaft zur Geschmacksverbesserung beigeben.

Der Rest ist – dank der heutigen Twist-off-Deckel schnell gemacht: Das fertige Fruchtgemisch wird heiß in die gespülten Gläser gefüllt, mit den Twist-off-Deckeln verschlossen und anschließend sollte man die Gläser einmal umdrehen, damit die oben unter dem Deckel verbleibende Luft einmal durch die heiße Marmelade wandern muss und dadurch ebenfalls die zur Sterilisierung nötige Temperatur erreicht. Vor dem Abfüllen sollten natürlich auch die Gläser und Deckel vorerhitzt sein (die Deckel lagert man im heißen Wasserbad, in die Gläser kann man kurz vor dem Abfüllen etwas kochendes Wasser geben).

Entscheidend ist die Temperatur des Gläserinhalts (sowie der verbleibenden Luft im Glas) zum Zeitpunkt des Abfüllens: Die darf nicht unter ca. 80°C abfallen.

Kann Marmelade mit so wenig Zucker halten?

Häufig taucht die Frage auf, ob die Marmelade in den Gläsern überhaupt ‘halten’ kann, wenn man nur so wenig Zucker verwendet – dazu eine Klarstellung:
Die Haltbarkeit der Fruchtaufstriche in den (wie oben beschrieben eingekochten) Gläsern ist vollkommen unabhängig vom Zuckergehalt! Erst wenn man später das Glas öffnet, ist die Haltbarkeit der zuckerarmen Fruchtaufstriche begrenzt und diese sollten dann am besten im Kühlschrank gelagert werden (daher lieber in nicht zu großen Gebinden einkochen!). Soll eine Marmelade auch nach dem Öffnen des Glases länger halten, benötigt man ein Frucht-Zucker-Verhältnis von 1:1 – wollen wir das?

Einkochen mit Weckgläsern

Wer noch in den früher üblichen Weckgläsern einkochen will (deren Deckel nur lose aufliegen und die man daher nach dem Befüllen nicht auf den Kopf stellen kann), für den gibt es ebenfalls eine Möglichkeit, die Fruchtaufstriche hitzeschonend einzukochen:
Früher hat man diese Weckgläser nach dem Befüllen komplett (in großen Töpfen o.ä.) in ein heißes Wasserbad gestellt und die gesamten Gläser samt Inhalt mindestens 20 Minuten bei mindestens 80°C erhitzt – die lose aufliegenden (nur durch Gummiring getrennten) Deckel zogen beim Erkalten von alleine zu. Diese vergleichsweise lange Erhitzung der Früchte kann man allerdings auch mit einem anderen Verfahren umgehen:
Dazu füllte man die Frucht-Zucker-Masse heiß in die vor-erhitzten Gläser und legt Gummi und Deckel auf das Glas. Anschließend hebt man die Deckel nur ganz kurz an und bläst – mit einem Schlauch, der seinerseits auf einen (auf dem Herd stehenden) dampfenden Wasserkessel angeschlossen ist – heißen Dampf in den Luftraum unter dem Deckel. Schon in dem Moment, in dem man den Luftschlauch mit seiner Düse unter dem Deckel wieder hervorzieht und den Deckel auf das Glas legt, zieht der Deckel an und das Glas ist fest verschlossen.

Altes Gerät zum Dampferhitzen – Bildquelle H.J. Bannier

Solche kleinen praktischen “Dampferhitzer” hat es früher zu kaufen gegeben (vorne mit einer Düse und mit einem Holzgriff, damit man sich nicht die Hände verbrennt, und hinten mit einem Korken, der auf den Wasserkessel aufgesteckt wird). Ob es diese sehr praktische Einkochhilfe heute noch zu kaufen gibt, entzieht sich meiner Kenntnis – wer so etwas noch findet (egal ob im gut sortierten Haushaltswarenladen oder im Internet), gebe mir gerne einen Tipp!

von Hans Joachim Bannier

Bei der Apfellagerung gilt grundsätzlich: kühl und nicht zu trocken

Damit Äpfel möglichst lange halten, sollten sie kühl und nicht zu trocken gelagert werden. Als optimal gilt eine Temperatur von 3-4° C und eine Luftfeuchtigkeit von 80-90%. Früher hatte jeder Bauernhof einen Kellerraum mit offenem Lehmfußboden, optimal zur Lagerung von Obst und Gemüse. In heutigen Häusern ist meist auch die Heizung im Keller untergebracht und die Fußböden sind betoniert, die Kellerräume somit meist zu warm und zu trocken. Viele lagern deshalb ihre Äpfel in Gartenhaus oder Garage, solange keine scharfen Fröste kommen. Schutzvorkehrungen gegen Mäusefraß sind hier unerlässlich.

Die Erdmiete/Das Erdlager

Eine sehr effiziente (und für jeden Gartenbesitzer realisierbare) Alternative kann die Erdmiete sein. Dazu gräbt man ein mindestens 80 cm tiefes rechteckiges Loch, dessen Seiten (gegen Mäusefraß) mit Blechen ausgekleidet werden. Die obersten 30-40 cm der Seitenbleche müssen zusätzlich mit einem Isoliermaterial (gegen Bodenfrost) versehen werden, genau wie auch der Deckel der Erdmiete, der ebenfalls aus einem festen Blech (mit einem Griff oberseits) bestehen kann. Der nach unten offene Boden sorgt für die richtige Feuchte.

Lagerung von Äpfeln in Papier- oder Plastiktüten

Verbessert wird die Haltbarkeit der Äpfel auch durch eine Lagerung in Papiertüten. Das senkt einerseits den Luftaustausch (und das Welken der Früchte). Andererseits nimmt Papier – anders als Plastikbeutel – auch Feuchtigkeit auf und gibt sie nach außen ab, weshalb es in der Papiertüte zu weniger Fäulnis kommt als bei Plastikbeuteln.

Apfellagerung in Kellerräumen mit einer Lehmschicht

Bis Anfang der 1960er Jahre gab es in Deutschland noch kaum Supermärkte. Eingekauft wurde im ‘Tante-Emma-Laden’ nebenan, auf dem Wochenmarkt (oder größere Mengen zum Einkochen auch direkt beim Bauern). Und es war keineswegs selbstverständlich, dass es im Laden das ganze Jahr über Äpfel gab. Die Selbstversorgung aus dem eigenen Garten hatte bis in die 1960er Jahre hinein noch einen hohen Stellenwert und Apfelbäume standen selbstverständlich in jedem Hausgarten.

Geheizt wurden die Häuser meist noch mit Ofenheizung in den Wohnräumen (und nicht mit der Zentralheizung im Keller), somit waren die Keller im Winter kalt und der beste Aufbewahrungsort für das Lagerobst. Alte Bauernhäuser hatten oft auch noch Kellerräume, deren Boden nicht zementiert war, sondern aus einer offenen Lehmschicht bestand. Solche Keller waren für die Obstlagerung optimal, sie waren nicht nur kühl, sondern auch relativ luftfeucht (heutige Keller sind oft nicht nur zu warm, sondern auch zu trocken).

Lagerung von Äpfeln im Kühlschrank

Äpfel offen im Kühlschrank zu lagern, ist nicht optimal – die Früchte trocknen hier viel zu schnell aus. Als Alternative wird in manchen Publikationen die Lagerung in Plastikbeuteln empfohlen. Das allerdings geht nur, wenn die Plastikbeutel genügend Luftlöcher für den Luftaustausch haben (in geschlossenen Plastikbeuteln ‘schwitzen’ die Äpfel und faulen schnell). Die bessere Alternative ist dann, die Äpfel in Papiertüten im Kühlschrank aufzubewahren. Darin faulen sie nicht so schnell, trocknen aber auch nicht so aus wie bei einer offenen Lagerung im Kühlschrank.

von Hans Joachim Bannier:

Warum trägt mein Apfelbaum nicht?

Wir bekommen immer wieder Nachfragen von Apfelbaumbesitzern mit der Beschwerde, der vor einigen Jahren gepflanzte Apfelbaum trage nicht. Oft steht schon die Überlegung im Raum, den Baum wieder roden zu lassen, da er nicht trägt.

Bevor man zu diesem letzten Mittel greift, sollte man allerdings das ABC vom “richtigen” Baumalter sowie von Blüte und Befruchtung studieren:

1. Hochstämmige Obstbäume (auf starkwüchsigen Wurzeln veredelt) benötigen immer einige Jahre, bis sie richtig zu tragen beginnen. Je nach Sorte können das 5-10 Jahre sein, in denen der Baum erst einmal nur ‘Holz’ macht, d.h. seine Krone aufbaut, ohne viel zu blühen. Dafür können solche Bäume später 60-100 Jahre alt werden. Obstbüsche auf schwach wachsenden Wurzeln veredelt können dagegen früher mit dem Ertrag beginnen, werden allerdings auch nicht alt.

2. Durch falschen Schnitt (wenn alljährlich wie bei einem Haarschnitt sämtliche Triebe des Baumes “angeschnitten” werden) kann u.U. die Blühwilligkeit des Baumes noch weiter verzögert werden

3. Wenn der Baum in voller Blüte steht, aber dennoch keine Früchte ansetzt, kann das an “falschem” Wetter liegen (Nachtfröste, Dauerregen).

4. Auch dauerhaft niedrige Temperaturen unter 10° C während der Blüte können dazu führen, dass keine Bienen fliegen und die Bestäubung ausschließlich durch Hummeln oder andere Wildinsekten erfolgen kann. Sind diese nur wenig vorhanden (was in besonders “aufgeräumten” Gärten vorkommen kann), kann auch das die Ursache für eine nur sehr geringe Befruchtung sein. Hier sollte man Informationen einholen, was man alles zur Förderung von Hummeln, Mauerbienen und anderen Insekten tun kann.

5. Wenn das Wetter zur Blütezeit passend war und auch genügend Insekten unterwegs und dennoch setzt der Baum keine Früchte an, liegt es vermutlich am fehlenden Befruchter. Denn Apfelbäume, Birnbäume, Süßkirschen- und ein Teil der Pflaumensorten benötigen zu ihrer Befruchtung einen zweiten Baum mit einer anderen Sorte derselben Obstart im näheren Umkreis (Bienenflugradius). Bei Süßkirschen können auch Wildkirschen am Waldrand (oder Sauerkirschen) die Befruchtung besorgen, beim Apfel können es auch Zieräpfel sein.

6. Um zu testen, ob die fehlende Befruchtersorte die Ursache für den Nicht-Ertrag des eigenen Baumes ist, kann man hilfsweise einfach mal frisch aufgeblühte Zweige von anderen Obstbäumen schneiden (natürlich jeweils von der passenden Obstart) und diese in einem Wassereimer neben den eigenen Baum stellen oder in den Baum hängen. Meist hat man dann in der Nähe, wo der Eimer stand, mehr befruchtete Früchte als in entfernteren Zonen des Baumes.

7. Noch etwas komplizierter wird es durch die Tatsache, dass nicht alle Apfel- und Birnensorten gute Pollenspender und damit gute Befruchter sind. Nur rund 2/3 unserer Apfel- und Birnensorten sind gute Befruchter, der Rest ist als Befruchter ungeeignet. Das hat etwas damit zu tun, dass einige Apfelsorten einen zweifachen Chromosomensatz besitzen (“diploid”), andere einen dreifachen (“triploid”). Egal wieviele Apfel- oder Birnbäume man pflanzt, benötigt man daher immer mindestens einen Baum einer diploiden Sorte.

In vielen Publikationen oder Baumschulkatalogen werden gern bestimmte Apfelsorten (wie z.B. Cox Orange, Goldparmäne, Golden Delicious) als Befruchter empfohlen. Da diese Sorten aus Gründen mangelnder Baumgesundheit jedoch nicht unbedingt zu empfehlen sind, habe ich in der Broschüre ‘Alte Obstsorten – neu entdeckt für Westfalen und Lippe’ (Bezug: info@bshf.de) in der Liste der Apfel- und Birnensorten jeweils vermerkt, ob es sich um gute oder schlechte Pollenspender handelt.

8. Ob es sich bei den Apfel- oder Birnensorten in Ihrem Garten bzw. auf Ihrer Obstwiese um diploide oder triploide Sorten handelt (also um gute oder schlechte Befruchter), brauchen Sie jedoch gottseidank gar keine Bücher. Hier reicht eine Handvoll Früchte, die Sie aufschneiden müssen, um die Samen zu begutachten: Finden sich in der Frucht ausschließlich “volle” Samen (und alle Samen sind von gleicher Form, Größe und Farbe), handelt es sich um eine diploide Sorte. Ist dagegen ein Teil der Samen taub (d.h. die Samenhülle leer, sie lässt sich platt drücken) und/oder die vollen Samen haben z.T. verschiedene Größen und Formen, handelt es sich wahrscheinlich um eine triploide Sorte, d.h. um einen schlechten Pollenspender.

9. Bei Süßkirschen sind die Befruchtungsverhältnisse noch etwas komplexer, hier gibt es sogenannte Intersterilitätsgruppen. Im Zweifelsfall, falls der eigene Kirschbaum trotz guten Blühwetters und Insektenflug nicht trägt, sollte man es testweise mit Blühzweigen anderer Kirschbäume versuchen.

10. Aprikosen, Pfirsiche und Sauerkirschen (sowie ein Teil der Pflaumensorten) sind im Übrigen selbstfruchtend, sie benötigen keine zweite Sorte als Befruchter. Eine zweite Sorte als Befruchter wirkt jedoch auch hier verstärkend.

Soweit unser Obstblüten-ABC für eine erfolgreiche Obsternte im Garten.

Herrschen während der Obstblüte gute Befruchtungverhältnisse, so haben wir pro Blütenbüschel hinterher einen Besatz von 5 bis maximal 6 Früchten (bei Äpfeln und Birnen). Auch wenn einige durch Schädigung oder den Junifruchtfall vorzeitig abfallen, verbleiben doch immer noch sehr viele am Baum.

Die Folgen von zu starkem Fruchtbehang:

  • Die  Früchte sind kleiner und im Allgemeinen von schlechterer Qualität.
  • Die Leitäste – zumindest in den jüngeren Jahren – biegen sich nach unten, verdrehen sich oder drohen gar zu brechen. Hier wären dann aufwändige Binde- oder Stützmaßnahmen vonnöten.
  • Die Alternanz wird gefördert, d.h., um sich zu regenerieren, “pausieren” die Obstbäume im nächsten Jahr, um dann im Jahr darauf wieder in vollster Blütenpracht zu stehen – und so fort.

Wie kann zu starker Blüten- bzw. Fruchtbehang verhindert werden?

Durch Besprühen mit chemischen Mitteln zur Ausdünnung: Diese Verfahren sind aus dem Intensiv-Obstanbau bekannt (auch im biologischen Anbau). Auf Streuobstwiesen werden sie nicht eingesetzt: zum einen wäre ein Besprühen hoher Bäume nicht praktikabel, zum anderen verzichten wir im Streuobstbau auf die Anwendung chemischer Mittel.

Maschinelle Ausdünnung: 

 

 

Die manuelle Fruchtausdünnung

Für die Bäume auf meinen Streuobstwiesen verbietet sich eine Fruchtausdünnung mit chemischen bzw. mineralischen Mitteln. Auch mechanische Methoden (Spezialgeräte oder Stangen, mit denen man die Blüten abschlägt) sind für solch hohe Bäumen nicht effizient und schädigen eher das Fruchtholz.

Um wirklich gute Tafelobstqualität ernten zu können, gibt es eigentlich nur ein Mittel der Wahl: das manuelle Abschneiden oder Abknipsen jeder überzähligen kleinen Frucht. Es sollten nicht mehr als 2 Früchte pro Fruchtbüschel verbleiben, besser wäre noch, nur eine Frucht übrig zu lassen. Durch die Vereinzelung wird bei kurzstieligen Sorten (z.B. Gravensteiner) vermieden, dass sich die Früchte gegenseitig abdrücken und vom Baum fallen.

Fruchtausdünnung auf der Streuobstwiese

Bei Sämlingshochstämmen erreichen wir nur in der Jugendphase  des Baumes auch alle Früchte mit der Leiter. Bei älteren und höheren  werden wir uns auf die unteren Bereiche beschränken müssen. Die beste Strategie wäre demnach: in den unteren Baumbereichen durch Vereinzelung Tafelobst heranziehen und weiter oben wirklich “Streuobst” mit kleineren Früchten zu produzieren, das dann auch herutnergeschüttelt und zu Apfelsaft verarbeitet werden kann.

Anders bei Halbstämmen, die auf MM 106 – Unterlagen veredelt wurden und nur 4 m hoch werden. Hier können wir alle Arbeiten relativ bequem mit der Leiter erledigen und Tafelobst vom gesamten Baum ernten.

Steuerung der Befruchtungsrate durch Konkurrenzblüher

Es gilt die Regel: Je mehr Blüten befruchtet werden, desto mehr Füchte muss ich hinterher abschneiden. 

Auf der Wiese im Streuobst-Sortengarten Remscheid-Reinshagen wachsen sehr viele Blumen, die zur gleichen Zeit wie die Apfelbäume blühen, hauptsächlich Löwenzahn und Wiesenschaumkraut. Im Jahr 2018 wurde die Wiese im Frühling gemäht, so dass Bienen und Hummeln sich voll und ganz auf die Apfelblüten konzentrieren konnten, und entsprechend gut wurden diese befruchtet. Mit der Folge, dass ich wochenlang mit kaum etwas Anderem beschäftigt war als dem manuellen Ausdünnen.

Der Versuch: wir lassen die Blumen blühen

In diesem Jahr habe ich versucht, durch eine Förderung der Konkurrenzblüher die Befruchtungsrate bei den Apfelbäumen zu vermindern.

Das ist erst der Anfang. Eine Woche später wird sich die Wiese in ein Meer von Gelb verwandeln und danach kommen die Wiesenschaumkrautblüten. Vor allem die Honigbienen gehen erst einmal lieber auf die Blüten am Boden als die Obstbäume anzufliegen. Das ist eine echte Konkurrenz für die Apfelblüten.

Aber werden bei einer solch starken Konkurrenzsituation überhaupt noch die Obstbäume befruchtet? Das Ergebnis des Versuches wird in einem späteren Beitrag mitgeteilt:

 

 

 

 

Schwierige Bedingungen durch Hangneigung

Ein Beitrag von Julian Rüsing

Die Obsternte im Bergischen Land gestaltet sich auf vielen Wiesen schwierig, vor allem auf denen mit starker Neigung, und dies lässt sich durch den Einsatz einer Erntespillwinde erleichtern..

Die bis zu 30 kg schweren Apfelsäcke müssen mühsam mit Schubkarre oder Minidumper den Hang hochgefahren werden, was nach kurzer Zeit zu Ermüdung der Helfer führt. Am Beispiel der Streuobstwiese Bergisch Gladbach-Steinacker wird dies deutlich: Auf 100 m Länge gibt es einen Höhenunterschied von ca. 30 m.

Die selbst gebaute Erntespillwinde

Durch ein Video im Internet bin ich auf die Idee gekommen eine Erntespillwinde, wie sie im Weinbau Verwendung findet, als Hilfe anzuschaffen. Bei der Recherche nach verschiedenen Modellen und deren Preisen wurde schnell klar, die Winde selber zu konstruieren und zu bauen.

Nach diversen Rechnungen wurden die ersten Teile angefertigt oder bestellt. Herzstück der Winde ist ein 13 PS starker Benzinmotor, der an ein Kegelradgetriebe montiert ist. So können Lasten bis 400 kg ohne Unterbrechung den Hang bei einer Geschwindigkeit von 30 m/min hoch gezogen werden.

Keine Zeit-, aber eine Kraftersparnis

Den ersten Ernteeinsatz im November 2016 hat die Winde  bestanden, wobei sich herausstellte, dass die Winde keine  große Zeitersparnis bringt, jedoch eine Kraftersparnis. Nun sind einige Verbesserung wie eine optimierte Seilführung und ein anderer Transportschlitten vorzunehmen.

erntespill