Liebe Obst-Interessierte,

inzwischen haben wir mit den Sorten ‘Helios’ und ‘Mantet’ auch zwei Apfelsorten im Hofladen des Obst-Arboretums (bzw. an unserer ‘Obst-Haltestelle’), die kurz nach dem ‘Klarapfel’ reifen, aber schon zu den aromatischen Sorten gehören. Das ‘Sortenkarussell’ wird sich jetzt Woche für Woche weiter drehen. In einer Woche dürfte bereits der ‘Discovery’ reif sein und vielleicht auch schon die ersten Sommerpflaumen und -birnen. Portraits der frühreifenden Apfelsorten hier unten am Schluss dieses Newsletters

Rundgang durch Demonstrationspflanzung “Apfelanbau ohne intensiven Pflanzenschutz” (Witzenhausen)

Für Schnell-Entschlossene: In Witzenhausen bietet Robert Görlitz am morgigen Sonntag 13.8. eine Führung an durch unsere Apfel-Demonstrationspflanzung, in der 2020 insgesamt 40 ausgewählte robuste traditionelle Sorten gepflanzt wurden, um dort – wenige Kilometer von der dortigen Landwirtschaftsfakultät der Uni Kassel entfernt – zu zeigen, dass ein Apfelanbau bei geeigneter Sortenwahl auch ohne den heute üblichen intensiven Pflanzenschutz möglich ist. Zwischen den Obstreihen wird dort in den ersten Jahren Gemüse angebaut und viele Blühpflanzen zwischen den Obstbäumen machen die Pflanzung zu einem Insekten- und Vogelparadies im ansonsten ackerbaulich geprägten Werratal.
Ort: Zwischen Witzenhausen-Ermschwerd und Stiedenrode nahe des alten Kiesteichs (Geodaten: 51.367646, 9.804230)
Der Rundgang beginnt um 11 Uhr, dauert je nach Interesse der Teilnehmer/innen 2-3 Std. und Robert Görlitz bittet um einen Teilnahmebeitrag von 10.-€ bis 20.-€ “nach Selbsteinschätzung”.
Anmeldung erforderlich, bitte entweder unter Mail: apfelvielfalt@posteo.de oder unter 0176-38213371.
Betreiber der Demonstrationspflanzung ist die Bannier-Görlitz-Richelshagen GbR.

Und dann noch in eigener Sache: Wir suchen Verstärkung!

Zur Verstärkung unseres Teams ‘Obst-Arboretum Olderdissen’ suchen wir eine Person, die uns bei allen anstehenden Aufgaben unterstützt. Dazu gehören vor allem Obsternte und -vermarktung, Obstbaumschnitt, aber auch alle anderen Tätigkeiten rund um das Obstarboretum und unsere Streuobstflächen. Vorteilhaft sind praktische Erfahrung im gärtnerischen oder landwirtschaftlichen Bereich, im Umgang mit landwirtschaftlichen Maschinen sowie Sicherheit im Umgang mit der Leiter. Was wir bieten: Eine vielseitige Arbeit (mit flexiblen Arbeitszeiten) in einem ökologisch wirtschaftenden Obstbetrieb, bei dem der Erhalt traditioneller Obstsorten im Mittelpunkt steht.

Bewerbungen (in kurzer Form) bitte zunächst per E-mail an alte-apfelsorten@web.de
Eine schöne Sommerzeit wünschen
Hans-Joachim Bannier, Simon Avenwedde, Heidi Teichert u. Isabell Avenwedde

Obst-Arboretum Olderdissen
Alte Obstsorten – Obstbaumschnitt – Obstsortenbestimmung
Dornberger Str. 197
33619 Bielefeld
Tel.0521-121635
Hofladen: Freitags 12-19 Uhr
Obsthaltestelle: Täglich 8-20 Uhr

Portraits Frühapfelsorten:

Klarapfel:

Das ist schon seit über 100 Jahren in Deutschland der erste Sommerapfel. Die Früchte reifen je nach Jahreswitterung Ende Juli oder Anfang August. Somit benötigt der Baum von der Blüte (Ende April/Anfang Mai) bis zur Fruchtreife lediglich 3 Monate (während andere Apfelsorten dafür 6 Monate benötigen)! Der Klarapfel war früher sehr beliebt; in den Zeiten, als der Lebensmittelhandel im Sommer noch keine Äpfel aus Neuseeland angeboten hat, wurden die ersten Sommeräpfel sehnsüchtig erwartet! Heute passt die Sorte mit ihren erfrischend (süß-) säuerlichen Früchten nicht mehr in den „Geschmacks-Mainstream“, der vor allem nach süßaromatischen Früchten verlangt. Dabei kann der Klarapfel, wenn man ihn im richtigen Zeitpunkt erwischt, durchaus hervorragend schmecken! Die Früchte müssen genau in dem Moment gepflückt werden, wenn die grünen Früchte am Baum ganz leicht in Richtung Gelb aufzuhellen beginnen, und dann müssen sie auch innerhalb weniger Tage gegessen werden (zu lange gelagert, werden die Früchte schnell mehlig). Wer einen ganzen Baum dieser Sorte hat, sollte Spaß am Apfelmuskochen haben, denn der Klarapfel gibt ein hervorragendes helles Apfelmus wie kaum eine andere Sorte. Weitere Informationen:

Schöner aus Bath:

Diese zeitgleich mit dem Klarapfel reifende Sorte ist in Deutschland wenig verbreitet, kommt aber hier und da im Streuobst vor. Die Sorte besticht durch ihre hohe Baumgesundheit, ihre ausgesprochen hübsch anzusehenden roten Früchte und durch ihre relativ regelmäßigen Erträge. Allerdings sind die Früchte ausgeprägt säuerlich und oft wenig aromatisch, nur etwas für Liebhaber saurer Äpfel. Für die Verarbeitung zu Mus oder Marmelade eignen sie sich sehr gut; das Apfelmus wird etwas rötlicher als das von Früchten des Klarapfels. Weitere Informationen:

Stark Earliest:

Die Früchte dieser etwa zeitgleich mit dem Klarapfel reifenden Sorte bestechen durch ihre leuchtende Färbung, sind nach meiner persönlichen Einschätzung allerdings nicht in jedem Jahr besser schmeckend und auch nicht immer länger haltbar als jener. Der Baum ist schwach bis mittelstark wachsend und trägt reich, allerdings sind die Früchte oft relativ klein und z.T. anfällig für Monilia-Fruchtfäule. Weitere Informationen:

Helios:

Die ersten Früchte dieser Sorte sind ebenfalls wenige Tage nach Klarapfel reif. Sie sind – je nach Verlauf der Jahreswitterung – mal blass, mal freundlich rötlich gestreift und durchaus auch schon angenehm aromatisch (wenn auch noch nicht mit hocharomatischen Frühsorten wie ‚Mantet’ oder ‚Discovery’ zu vergleichen, s.u.). Um 1930 am Obstinstitut Müncheberg (Brandenburg) gezüchtet, wurde die Sorte später in der DDR als Alternative zum Klarapfel insbesondere für den Selbstversorger empfohlen und war im Osten Deutschlands relativ verbreitet, in Westdeutschland dagegen völlig unbekannt. Dabei ist der Baum nicht nur resistent gegenüber Schorf, sondern auch generell robust gegenüber Krankheiten und obendrein relativ ertragreich. Alles in allem also empfehlenswert für Haus- und Kleingarten. Weitere Informationen

Ludivics Rosenapfel:

Diese Sorte ist offiziell noch kaum bekannt und verbreitet. Es handelt sich um einen in den 1990er Jahren entstandenen Zufallssämling aus Luxemburg. Die Sorte ist großfrüchtig und reift in den ersten Augusttagen, kurz nach ‘Klarapfel’, schön gefärbt und etwas süßer und aromatischer als der ‘Klarapfel’. Sie wächst ausgesprochen gesund, nicht anfällig für die üblichen Pilzkrankheiten des Apfels. Im Obst-Arboretum haben wir inzwischen einige Büsche davon, die aber jetzt allmählich in den Ertrag kommen. (Aufgrund der außergewöhnlich positiven Eigenschaften haben wir die Sorte in größerer Stückzahl auch in die Pflanzung der Bannier/Görlitz/Richelshagen GbR bei Witzenhausen aufgenommen). Eine absolute Empfehlung, was ganz frühreifende Äpfel betrifft.

Mantet:

Die Sorte ‚Mantet’, eine kanadische Züchtung aus den 1920er Jahren, gehört zu den wenigen Frühsorten, die fast zeitgleich mit dem Klarapfel reifen, bzw. nur wenige Tage danach. Geschmacklich ist er sicherlich die beste dieser ganz frühen Sorten: Die Früchte sehen nicht nur schön aus, sie schmecken auch aromatisch und saftig (in manchen Jahren mit einem leichten Erdbeeraroma). Allerdings sind sie auch deutlich anfällig für Schorf, was sich in regenreichen Frühjahren stark bemerkbar machen kann (fleckige und dann meist kleinere Früchte). Erstaunlicherweise zeigt der Baum trotz der starken Schorfanfälligkeit oft eine relativ gute Vitalität; gegenüber Mehltau oder Obstbaumkrebs ist er sehr robust. Wer den guten Geschmack sucht und sich an den Schorfflecken auf der Frucht nicht stört, kann durchaus den Versuch wagen, einen Baum dieser Sorte zu pflanzen. Allerdings sollte der Standort des Baumes unbedingt gut durchlüftet sein! Weitere Informationen:

Westfälischer Frühapfel:

Diese alte Sorte haben wir ausschließlich in Westfalen auf alten Obstwiesen entdeckt und von dort abveredelt. Ihre Früchte sind leicht säuerlich bis süßsäuerlich und sind geschmacklich im Mittelfeld einzuordnen. Die Sorte besticht vor allem durch ihre hohe Baumgesundheit, ihre regelmäßigen Erträge und das schöne Aussehen ihrer Früchte. Die Reife beginnt Mitte August, die Früchte halten ca. 2-3 Wochen. Empfehlenswert ist ein mehrmaliges Durchpflücken der jeweils größten Früchte. Die letzten Früchte können manchmal noch Anfang September gepflückt werden. Weitere Informationen:

Charlamowski:

Diese alte russische Sorte kommt in Deutschland hier und da im Streuobst vor. Die Früchte reifen Mitte bis Ende August und sind kräftig rot gestreift. Die Sorte ist allerdings nur etwas für Liebhaber saurer Sorten, und (wie alle sauren Sorten) natürlich auch gut zum Backen oder Dörren geeignet. Der Baum wächst mittelstark und trägt sehr reich, ist allerdings anfällig für Apfelschorf und sollte daher nur an gut durchlüfteten Standorten gepflanzt werden. Ein paar Früchte davon haben wir auch noch im Hofladen. Weitere Informationen:

Discovery:

Diese in England um 1940 aus zwei alten englischen Sorten gezüchtete Sorte heißt nicht nur ‚Entdeckung’, sondern ist meines Erachtens auch eine – vermutlich die beste aller Frühsorten für den Haus- und Kleingarten. Die Früchte reifen ab Mitte August und sind für einen Frühapfel schon erstaunlich fest und knackig. Auch halten sie schon länger als manch anderer Augustapfel, nämlich je nach Lagerqualität 3-6 Wochen. Die kräftig rot gefärbten Früchte sind auch optisch schön anzusehen und haben ein manchmal etwas rötlich geadertes Fruchtfleisch mit einem sehr individuellen, manchmal an Erdbeeren erinnernden Aroma. Obendrein sind Blätter und Früchte des Baumes resistent gegenüber Apfelschorf und Mehltau. Der Baum wächst eher schwach, bildet kleine Kronen und kommt relativ früh in den Ertrag. Nachteilig ist lediglich eine gewisse Anfälligkeit für Obstbaumkrebs; staunasse oder sehr schwere Böden sollten deshalb eher gemieden werden. Bei der Hitze der letzten Sommer hat sich gezeigt, dass die Sorte leider auch stärker Sonnenbrandschäden bekommt als andere Sorten. Fazit: Dennoch mE. Eine optimale Frühsorte für den Haus- und Kleingarten, wenn die Bodenverhältnisse stimmen. Und es stört die Sorte nicht, wenn sie im Schatten von anderen, südseitig stehenden Bäume steht (im Gegenteil!). Weitere Informationen: